Zeitzeugengespräch: Deutsch-Deutsche Geschichte aus zwei Perspektiven

Nachdem die 10. Klassen im Rahmen eines Projekttages eine Ausstellung zum Thema "Vom Mauerbau zum Mauerfall - deutsch-deutsche Geschichte 1961-1989" erarbeitet hatten, die in den vergangenen drei Wochen auch in der Aula des Gymnasiums zu sehen war, hatten die Schülerinnen und Schüler Gelegenheit, die deutsch-deutsche Geschichte bei einem Zeitzeugengespräch "aus erster Hand" kennen zu lernen.
Andreas Filke, Redakteur bei der "Allgäuer Zeitung", und Anke Samuel, die Mutter eines Schülers, wurden zu diesem Ereignis an unsere Schule eingeladen. Herr Filke, der auch die Sammlungsstücke für die Ausstellung in unserer Schule zur Verfügung gestellt hatte, lebte als junger Mensch nahe an der Grenze und konnte aufgrund seiner Kindheit im Zonenrandgebiet und durch seine jahrelange Sammeltätigkeit von DDR-Exponaten von vielen Ereignissen erzählen. Frau Samuel war 25 Jahre lang Bürgerin der DDR. Sie berichtete vor allem über ihr Leben und ihre Erlebnisse und Erfahrungen während der DDR-Diktatur. Thorsten Krebs, Geschichtslehrer an unserer Schule, moderierte die Veranstaltung.

 

Podiumsgespräch, Einspielfilme, Schülerfragen und DDR-Quellen zum Mitlesen

Der Schulleiter, Herr Mooser, eröffnete das Gespräch mit einem eigenen Erlebnis zum Jahr des Mauerfalls, da er genau zu dieser Zeit in Ungarn war und beobachten konnte, wie viele DDR-Bürger über die ungarische Grenze das Land verließen. Er sprach außerdem den 10. Klassen seine große Anerkennung für den gelungenen Projekttag aus und für den Erfolg, den die Plakate bei einer Podiumsdiskussion im Modeon mit Dr. Theo Waigel und anderen Zeitzeugen zum 25. Jahrestag des Mauerfalls hatten. Danach zeigte der AK Film einige kurze Szenen von dieser Veranstaltung.

Ergänzt wurde dies durch einen dreiminütigen Film mit Originalbildern vom Mauerbau, damit sich die Schüler einen besseren Eindruck von den Geschehnissen machen konnten. Herr Krebs startete das Zeitzeugengespräch mit einleitenden Worten und die Anwesenden erzählten darüber, wie sie DDR und Mauerfall erlebt hatten.Herr Filke sprach über seine Schulzeit, in welcher er wenig über die DDR erfahren hat – ganz im Gegensatz zu Frau Samuel, die in Büchern wie dem „Jugendlexikon der DDR“ eine ganz andere Ansicht von Westdeutschland vermittelt bekam.

 

 

Eine dramatische Fluchtgeschichte: Von Weißwasser über die Prager Botschaft in den Schwarzwald

Die 50-Jährige berichtete einiges von ihrer glücklichen Kindheit und ihrer Familie, die nicht in der SED war, und den damit verbundenen Problemen. Sie sprach auch über die Mangelwirtschaft in der DDR und die allgegenwärtige Staatssicherheit. Ebenso veranschaulichte sie den Fluchtversuch ihrer Schwester über die Prager Botschaft im Spätsommer 1989 sehr ausführlich, indem sich die Schüler in einen Flüchtenden hineinversetzten mussten und sie die verschiedenen Gefahren und Schritte erzählte. „Stellt euch vor, ihr geht nach Hause. Eure Mutter kocht und euer Vater sitzt am Tisch und liest Zeitung. Ihr wisst genau, dass ihr nur kurz da seid, um euren Schlafsack zu holen. Ihr wisst nicht, wann ihr eure Familie das nächste Mal seht. Ihr könnt nichts sagen. Ihr könnt ja keinem vertrauen und dann fahrt ihr weg…“ Das ist der erste Schritt, dann folgt die Kontrolle an der tschechischen Grenze und dann ist man an der Prager Botschaft, deren Tore aber noch verschlossen sind. Dann endlich kommt man rein und man muss warten. Ein, zwei, drei Tage, bis endlich die erlösende Botschaft kommt und man mit einem Zug in den Westen durch die DDR fahren kann. „Der erste Gedanke, als die Mauerfiel, galt meiner Schwester“, beendete Frau Samuel ihren Bericht Für die Schüler war dies eine äußerst interessante und anschauliche Veranstaltung, vor allem durch die lebendigen Erzählungen von Frau Samuel und die informierenden Materialien, die während des Gesprächs per Beamer an die Wand projiziert wurden.

Steffi Erd, 10a