Warum ein Atombunkermuseum in Marktoberdorf?

Fällt das Stichwort „Kalter Krieg“, so denkt man sofort an spektakuläre Ereignisse wie den Mauerbau (1961) oder die Kuba-Krise (1962). Durch  das Wettrüsten der Supermächte USA und UdSSR bestand dabei immer die Gefahr, dass der „Kalte Krieg“ umschlug und zu einer realen kämpferischen Auseinandersetzung wurde. Die Angst vor einem nuklear geführten Dritten Weltkrieg war nicht nur in den unmittelbar gefährdeten Großstädten und Ballungszentren enorm, sondern auch in der Provinz. Kein Wunder, lag Deutschland doch mitten an der Frontlinie des Kalten Krieges und wäre im Falle eines Nuklearkriegs weltweit mit am stärksten betroffen gewesen. Viele Städte und Gemeinden bauten sich deshalb in den Hoch-Zeiten des Kalten Krieges einen solchen unterirdischen Bunker, um im Ernstfall zumindest die ersten Wochen überleben zu können.

Die Rathaustiefgarage - ein "vergessener" Atomschutzbunker

Was viele nicht wissen: Einer der größten Strahlenschutzbunker in der Region wurde Mitte der 1980er Jahre im Zuge des Umbaus der Marktoberdorfer Stadtverwaltung unter das Rathaus gebaut. 25 Jahre nach Ende des Kalten Krieges ist dieser Atomschutzbunker mit all seinem Inventar vom Chemieklo bis zu riesigen Sandfiltern zur Reinigung der radioaktiv verseuchten Luft nun „entwidmet“ worden, d. h. er hat jetzt endgültig seine offizielle Funktion als Strahlenschutzbunker verloren.

Damit dieser besondere, geschichtsträchtige Ort nicht in Vergessenheit gerät, ist es das Ziel unseres Projekt-Seminars, ein Ausstellungskonzept für ein „Atombunkermuseum“ zu entwickeln, in dem die Geschichte des Marktoberdorfer Strahlenschutzbunkers am „Originalschauplatz“ erzählt werden soll. Der Bunker unterhalb des Rathauses gehört zu den besonders gut erhaltenen in Bayern, fast alle Originalgeräte und -unterlagen sind noch erhalten, so dass wir als Ausstellungsmacher quellentechnisch „aus dem Vollen schöpfen können“.

Alleinstellungsmerkmal in der Region

Dabei recherchieren die Schüler im Stadtarchiv und Zeitungsarchiven, werten die Unterlagen der Stadtverwaltung zu Bau, Betrieb und Organisation des Atombunkers aus, führen Interviews mit Zeitzeugen, entwickeln ein Ausstellungskonzept, das in Zusammenarbeit und Abstimmung mit der Marktoberdorfer Stadtarchivarin, dem Büro des Bürgermeisters, dem Kulturausschuss des Stadtrats erarbeitet wird und die Grundlage eines kleinen „Bunkermuseums“ bildet, das in den Originalräumen unterhalb der Rathaustiefgarage untergebracht sein wird. Dieses Museum besitzt in zeithistorischer Hinsicht ein Alleinstellungsmerkmal in der Region, da es dergleichen bislang im Allgäu noch nicht gibt.

 

Zusammenarbeit mit externen Partnern und Sponsoren

Die Kosten des Projekts (Ausstellungstafeln, Wandbeschriftungen, Schreinerarbeiten, Beschriftungen, Vitrinen, Medienstationen etc.) sind nicht unerheblich und belaufen sich auf ca. 7000 - 8000 Euro. Da wir als Schule über keine Eigenmittel bzw. Haushaltstitel für derartige Projekte verfügen, sind wir auf öffentlich-rechtliche Unterstützer, aber auch auf private Sponsoren und starke Partner aus der Wirtschaft  angewiesen, um das Projekt in der gewünschten Form umsetzen zu können. Das Museum bietet die Chance, ein wichtiges technikgeschichtliches Kapitel des Kalten Krieges auf anschauliche Art und Weise in Erinnerung zu halten und der Museumslandschaft im Allgäu eine kleine, aber zeitgeschichtlich sehr reizvolle und interessante Facette hinzuzufügen.

Die Bedeutung des Atombunkerprojekts

Alleinstellungsmerkmal in der Region

Durch das neue Museum wird nicht nur auf  innovative Weise die kulturelle Infrastruktur des Ostallgäus gestärkt – ein solches Atombunkermuseum stellt weit über die Region hinaus ein Alleinstellungsmerkmal dar –  sondern auch ein Beitrag für das lebenslange Lernen der Bürger geleistet, indem ein neuer Ort des Lernens für alle Altersstufen erschlossen und museumspädagogisch aufbereitet wird. Das Atombunkermuseum wird zu einer Stätte politisch-historischer Bildung, an der Schulen und Bürger ein wichtiges Kapitel deutscher Nachkriegsgeschichte am „Originalort“ kennenlernen können.

Lernort für alle Marktoberdorfer Schulen

Durch das neue Museum wird die Vereins- und Bürgerkultur in Marktoberdorf gestärkt, weil ein weiterer Kristallisationspunkt von Kultur- und Geschichtsvermittlung geschaffen wird, an dem engagierte Vereine (z. B. der Heimatverein) zusammen mit ehrenamtlichen Stadtführern Themenführungen anbieten und Schulen und Bildungsträger in Zusammenarbeit mit der Museumsverwaltung Exkursionen, museumspädagogische Angebote und Fortbildungen im Atombunkermuseum durchführen können, sodass die Vernetzung der Kulturvermittlung in Marktoberdorf nachhaltig gefördert wird.

Bürgerbeteiligung und Begegnung der Generationen

Das Besondere an diesem Projekt ist, dass hier eine engagierte Schülergruppe sowohl an der Konzeption des Museums und der Führungen als auch an der Erarbeitung der pädagogischen Materialien beteiligt ist. Durch diesen partizipativen Ansatz, in den auch zahlreiche Marktoberdorfer Bürger in Form von Zeitzeugengesprächen eingebunden sind, entsteht ein Museum „von Bürgern für Bürger, das auf diese Weise auch Begegnungen zwischen der älteren Generation, die den Kalten Krieg noch selbst erlebt hat, und Marktoberdorfer Jungbürgern ermöglicht.“

Erweiterung der Marktoberdorfer Museumslandschaft

Nicht zuletzt wird auch das touristische Angebot der Region Ostallgäu gestärkt, da mit dem Atombunkermuseum ein kultureller Mehrwert entsteht, der durch sein Alleinstellungsmerkmal auch eine Anziehungskraft auf überregionale  „Bunkerpilger“ ausübt, was etwa im Zusammenhang mit der Rad-/
Wandertrilogie für zusätzliche Attraktivität sorgen kann.