Dabei zeigt sich der 46-jährige studierte Elektro-Ingenieur, der seit 1994 im EU-Parlament sitzt, nicht nur als echter „Insider“, der kenntnisreich aus der politischen Praxis in Brüssel und Straßburg zu berichten weiß, sondern auch als lebendiger Erzähler, der das mitunter recht komplizierte Geflecht der Europäischen Union anschaulich und anekdotenreich entwirrte. Nach einem kurzen Galopp durch die europäischen Institutionen und Gremien kam Ferber erwartungsgemäß schon bald auf die aktuelle Euro-Krise zu sprechen, deren Ursachen und Folgen er pointiert skizzierte. Die Schüler erfuhren, wie der Rettungsschirm EFSF funktioniert, warum eine „Ansteckungsgefahr“ für andere EU-Länder wie Spanien, Portugal oder Italien besteht, falls die Griechen das Sparpaket und die damit verbundenen Reformmaßnahmen nicht umsetzen und warum Deutschland ein vitales Interesse an einem stabilen Euro haben muss: So würde eine Rückkehr zur harten D-Mark deutsche Produkte extrem verteuern und damit den Export erheblich schwächen – am Beispiel der Schweiz mit ihrem starken Franken könne man das ersehen.
Auf den Einwand eines Schülers, dass Griechenland die EU ja quasi erpressen könne, weil man sich einen Bankrott eines Mitgliedslandes gar nicht leisten könne, wenn man den Euro retten wolle, antwortete Ferber, dass ein ungeordneter Staatsbankrott für Griechenland noch desaströser wäre als die harten Spar- und Reformauflagen, die EU und IWF den Griechen auferlegten. Deswegen sei er überzeugt, dass Griechenland den Reformweg mitgehe.
Dass es zwischenzeitlich mit Papandreous überraschenden Vorhaben eines Referendums ganz und gar nicht mehr danach aussah, konnte Ferber zu diesem Zeitpunkt freilich ebenso wenig ahnen wie Angela Merkel und Nicolas Sarkozy…
Der überzeugte Europäer Ferber beschloss seinen kurzweiligen Vortrag, in den sich die Schüler immer wieder mit vielen Fragen und kritischen Anmerkungen einbrachten, mit einem klaren Bekenntnis zu Europa und dem Appell, sich weiter für dieses historisch einmalige und großartige Projekt zu engagieren. Denn, so Ferber, die europäische Integration sei weit mehr als nur der wirtschaftliche Zusammenschluss der EU-Mitgliedsstaaten, sondern geradezu eine Voraussetzung dafür, dass auch in Zukunft Werte wie Demokratie, Menschenrechte, hohe soziale und Umweltstandards und vor allem Frieden unseren Kontinent prägen können. Eine Rückkehr zu nationalstaatlichem Einzelkämpfertum der europäischen Länder würde nicht nur diese Ziele gefährden, sondern sei gerade auch für Deutschland nicht erstrebenswert, denn im Zeitalter der Globalisierung seien nationale Interessen im Alleingang nicht mehr durchsetzbar.
Thorsten Krebs