Der Leuterschacher Musikverein spielte sich zum Abschied mit dem extra einstudierten hebräischen Volkslied „Hava Nagila“ in die Herzen einer Gruppe junger Israelis. Die Gäste aus dem Heiligen Land hatten sich fürs Abschiedsfest von ihren neuen deutschen Freunden extra Lederhosen und Dirndl ausgeliehen und natürlich spielten die Leuterschacher auch zünftige bayerische Weisen. Eine Woche lang waren die Israelis zuvor zu Besuch am Gymnasium Marktoberdorf gewesen, das seit 20 Jahren den Austausch mit der Zafit High School in Kfar Menachem pflegt. Acht israelische Schülerinnen und Schüler waren zu Gast bei den Familien mehrerer Zwölftklässler, die langjährige israelische Delegationsleiterin Liora Segal wohnte bei Familie Schwietz und am Wochenende bei Familie Strunz, ihre Kollegin Tamar Rosenfeld war einige Tage bei Frau Schaffert, die restliche Zeit bei Frau Sommermann untergebracht.
StDin Brigitte Schwietz, die den Austausch im Jahr 1992 mitinitiiert hatte und seitdem mit unermüdlichem Einsatz organisiert, hatte zusammen mit Frau Sommermann, Frau Schaffert und Frau Zischka sowie Herrn Gosse, Herrn Krebs und Herrn Wiedenmayer ein abwechslungsreiches Programm gestaltet, mit dem die israelische Gruppe das heutige Deutschland kennen lernen konnte. Ein wichtiger Teil war aber auch der Blick zurück auf die dunklen Kapitel der Geschichte, die Israelis und Deutsche auf beklemmende Art und Weise verbindet: das Gedenken an den Holocaust und sowie die Erinnerung an die Ermordung von elf israelischen Sportlern durch palästinensische Terroristen während der Olympischen Spiele 1972 in München.
Auf dem dichten Programm standen Sehenswürdigkeiten wie das Schloss Neuschwanstein, das Nebelhorn und die Breitachklamm, die Leuterschacher Brauerei und auch der Besuch der Städte München und Augsburg, wo die Gruppe in der Synagoge Einblick in das jüdische Leben in Deutschland erhielt. Wie Schulleiter Wilhelm Mooser betonte, dient dieser sehr wichtige Austausch dem Bau von Brücken zwischen Völkern und Kulturen. So waren sich beim gemeinsamen Besuch der KZ-Gedenkstätte in Dachau alle Schüler einig, dass ein solches Verbrechen wie der Holocaust nie wieder vorkommen dürfe.
Marktoberdorfs Zweiter Bürgermeister Walter Schilhansl brachte bei seiner Begrüßung der Israelis im Rathaus seine Bewunderung für die jüdische Kultur zum Ausdruck, die ihm bereits früh wichtige und moderne Werte vermittelt habe.
Während der gemeinsamen Woche stellten die israelischen und deutschen Jugendlichen Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Kulturen, der Landschaft und des Unterrichts fest. Beim gemeinsamen Schulbesuch waren die Israelis beeindruckt von der modernen Ausstattung des Gymnasiums Marktoberdorf, seinen hellen und gepflegten Räumlichkeiten, der großzügigen Mensa und den geräumigen Zimmern im Internat. Ihre bayerischen Gastgeber stellten sehr neugierig Fragen über das Land im Nahen Osten und das Leben im Kibbuz. Die Gelegenheit, Israel selbst kennen zu lernen haben die Marktoberdorfer Gymnasiasten bei einem Gegenbesuch im Heiligen Land, der für Februar 2013 geplant ist.
Viele Israelis zeigten sich einfach begeistert, wie grün das Allgäu im Vergleich zu ihrer Heimat sei. Der Schüler Daniel schwärmte gleich von mehreren Dingen, die ihm am Austausch gefallen: Als begeisterter Sprachenlerner freute sich der 17-Jährige natürlich, dass er seine Deutschkenntnisse verbessern konnte. Die Bayern seien sehr freundliche Leute, die bayerische Kultur samt Essen wie Kässpatzen oder Weißwürste sei ebenso großartig wie Landschaft, Dörfer und Städte. Laut der israelischen Schülerin Mor sei es ein einmaliges, unvergessliches Erlebnis, eine Woche lang in eine andere Kultur einzutauchen. Insbesondere angesichts der deutsch-jüdischen Vergangenheit, da sind sich alle Schüler einig, sei die Begegnung junger Menschen wegweisend für mehr Toleranz und gegenseitiges Verständnis, da so neue Freundschaften aus verschiedenen Kulturkreisen entstehen.
Bei der Farewell-Party zeigte sich dann in vielerlei Hinsicht, wie eng verbunden die beiden Schulen mittlerweile sind: Die Israelis kamen in bayerischer Tracht, das Vokalensemble unter der Leitung von Dr. Stefan Wolitz sang neben Daniel Fridericis „Wir lieben sehr im Herzen“ und James Moores „May the Road Rise to meet you“ auch das bekannte jüdische Volkslied „Shalom Chaverim“ und so wurde an diesem Abend einmal mehr deutlich, wie weit der Brückenbau zwischen dem Gymnasium Marktoberdorf und unseren israelischen Austauschpartnern von der Zafit High School in den letzten zwei Jahrzehnten schon vorangeschritten ist. Allen Lehrern, Eltern, Schülern und sonstigen Helfern, die am Gelingen dieses außergewöhnlichen Austausches beteiligt waren, sei an dieser Stelle nochmals ganz herzlich gedankt!