In den Lesetipps des Bücherclubs des Gymnasiums Marktoberdorf findet ihr mittlerweile über 70 Kritiken zu lesenswerten und manchmal auch nicht ganz so lesenswerten Büchern für alle Altersstufen. Wer einen Buchtipp für die Ferien braucht oder ein sinnvolles Geschenk sucht oder sich einfach nur informieren möchte, was es an spannenden aktuellen Büchern und "Klassikern" gibt, ist hier genau richtig. Die Bewertungen reichen von einem Buchherz (=nicht besonders zu empfehlen) bis zu 5 Buchherzen (=ein absolutes Lesemuss!). Die Rezensionen sind als Anregung und "Appetitmacher" für euch gedacht. Und jetzt: ran an die Bücher und sich selbst ein Urteil bilden! Selbstverständlich können alle vorgestellten Bücher in unserer Schülerbibliothek ausgeliehen werden. Einfach mal reinklicken und stöbern und schmökern! Und danach: Ab in die Bibliothek!
Wenn man sein ganzes Leben in einem Waisenhaus-Internat verbracht und keine lebenden Verwandten mehr hat, dann kann es einen schon ziemlich verwirren, wenn man einen Brief von seiner Tante bekommt, die verspricht, einen übers Wochenende zu sich zu holen. So jedenfalls ergeht es Denizen, dessen Eltern bei einem Autounfall ums Leben gekommen sind. Als ein merkwürdiger Mann vor dem Tor der Schule steht, um Denizen zu der ominösen Verwandten zu fahren, und der Schuldirektor einfach einwilligt, beginnt sich das Leben des Jungen völlig zu verändern. Auf dem Weg nach Dublin erfährt er von sogenannten Schattendämonen und einer Allianz, die sich gegen diese Kreaturen wehrt. Außerdem findet er heraus, dass diese Wesen aus einem Paralleluniversum, das sich Tenebris nennt, zu uns in die reale Welt kommen. Ihr Zugangsweg sind die Schatten auf der Erde. Jeder dunkle Fleck funktioniert wie eine Tür und durch diese Tore kriechen die Dämonen. Jeder in der Allianz versucht die schrecklichen Wesen immer zu bekämpfen und muss dafür teuer bezahlen. Nach und nach verwandeln sich die Kriegerkörper in Eisen ohne Gefühl. Als Denizen voller neuem, erschreckendem Wissen endlich bei seiner Tante ankommt, beginnt sie ihn sofort in die Welt von Tenebris einzuweisen. Sie ist Teil der Allianz und eine ausgezeichnete Schattenjägerin. Ab dem dreizehnten Lebensjahr kann man dem Geheimbund beitreten und für Denizen kommt nun die Zeit der Entscheidungen. Kehrt er zurück ins Waisenhaus oder beginnt er seine Ausbildung als Schattenjäger, um seine außergewöhnlichen Kräfte richtig einsetzen zu lernen?
Dave Rudden, Autor des Romans „Tenebris“, stammt selbst aus Irland und beschreibt die Landschaften und kleinen Dörfer sehr anschaulich und liebevoll. Man kann seine Begeisterung in den vielen kleinen Details, aber auch in den sehr gut ausgearbeiteten Charakteren erkennen. Sofort werden dem Leser die Eigenschaften und Charaktere der Personen klar und man kann sich jeden gut vorstellen. Außerdem schafft es der Autor, Spannung ab der ersten Seite herzustellen. Schon im Prolog tauchen viele Fragen auf, die einen zum Weiterlesen zwingen.
Im ersten Teil der Trilogie spielt die Handlung auch oft an zwei verschiedenen Orten, einmal im Internat für Waisen und zum anderen in Dublin, was der ganzen Geschichte noch mehr Abwechslung verleiht. Einzig die etwas vorhersehbare Handlung, die vielen Fantasy-Romanen gleicht, stört ein wenig den Lesespaß, da man nach dem Überfliegen der Buchbeschreibung auf der Rückseite schon viel von der eigentlichen Geschichte weiß und somit die Überraschung am Ende nicht allzu groß ist. Trotzdem ist das Buch für alle Fans des Genres eine sehr gute Leseempfehlung.
Dave Rudden: Tenebris – Die Allianz der Schattenjäger, Fischer Sauerländer, 2016, 351 Seiten, 14,99 €; empfohlen ab 12 Jahren
Rebecca Stüber (Q 11)
Daisy ist ein hoffnungsloser Fall. Sie ist der Inbegriff eines Faulenzers, jemand, der nie wirklich etwas auf die Reihe bekommt oder einmal Verantwortung übernimmt. Und dann gibt es da noch Marc. Marc ist ein Hollywood-Filmstar und dieses Jahr zum „Sexiest Man Alive“ gewählt worden. Durch merkwürdige Umstände lernen sich die beiden so unterschiedlichen Charaktere kennen und müssen gemeinsam ihre Leben meistern. Der Plural ist in diesem Zusammenhang nicht falsch, denn die beiden sterben bei einem Autounfall. Und werden als Ameisen wiedergeboren. Schon bald stellen sie fest, dass sie als größere Tiere viel besser in das Leben ihrer Mitmenschen eingreifen können. Dafür müssen sie den einzigen Weg gehen, der sie auf der Reinkarnationsleiter nach oben klettern lässt: gutes Karma sammeln. Als Ameisen kommen die beiden auf die tolle Idee, einen ganzen Krieg zu verhindern, indem sie versuchen, die diktatorische Ameisenkönigin zu stürzen. Mit verheerenden Folgen, die ich an dieser Stelle nicht verraten will.
Ein Buch, das gespickt ist mit Witz, Moral und natürlich mit einer guten Prise Liebe. Für jeden zu empfehlen, der skurrile und kreative Geschichten mit Pep als Ausgleich zum manchmal öden Alltag braucht.
David Safier: Mieses Karma Hoch 2, Rowohlt Taschenbuch Verlag, 2016, 313 Seiten, 9,99 €; empfohlen ab 14 Jahren
Franziska Kölbel (Q11)
Sucht. Sie begleitet uns immer im Leben, auch wenn wir es manchmal nicht merken. Manche sind süchtig nach Süßigkeiten, andere nach Alkohol oder Zigaretten und wieder andere können nicht ohne ihr Handy leben. Eine weitere Art von Abhängigkeit wird in Ursula Poznanskis neuem Thriller beschrieben. Das Buch handelt von einer Art Computerspiel, von dem alle Spielenden sofort besessen sind. „Erebos“ wird an einer Londoner Schule herumgereicht und verbreitet sich schneller als ein Lauffeuer. Als auch der 16-jährige Nick ein Exemplar in die Hände gedrückt bekommt, kann er nicht widerstehen. Zwar kommt ihm alles sehr komisch vor, denn seit dem Erscheinen des PC-Spiels fehlen reihenweise Schüler im Unterricht und auch seine Freunde verhalten sich plötzlich sehr merkwürdig. Außerdem darf niemand über die CD-ROM sprechen. Trotzdem schiebt Nick das Spiel in den Laptop und schon nach wenigen Minuten wird er so davon in den Bann gezogen, dass er sogar die Schule am nächsten Tag schwänzt. Das Simulationsspiel, bei dem man mit seiner kleinen Figur durch eine virtuelle Welt läuft, um Aufgaben zu erfüllen, übt einen großen Reiz auf ihn aus, denn das Besondere daran ist, dass das Spiel immer zu wissen scheint, was er sagt oder denkt, und auch gezielt darauf antwortet. Sogar als es Nick befiehlt, in der realen Welt Aufgaben auszuführen, wie zum Beispiel eine mysteriöse Kiste an einer U-Bahn Station abzuholen, wird er nicht stutzig. Erst als der Junge einen Auftrag erhält, der ihn zum ersten Mal zweifeln lässt, schafft er es, sich von der Sucht loszureißen.
„Erebos“, ausgezeichnet mit dem deutschen Jugendliteraturpreis, ist in einem sehr spannenden Stil geschrieben, da die virtuelle Welt in der Ich-Perspektive gestaltet ist, was den Leser näher ans Geschehen bringt. Die vielen außergewöhnlichen Namen der Spielfiguren und die beschriebene Landschaft ziehen einen in den Bann der Geschichte und man kann den Thriller nicht mehr aus der Hand legen. Ursula Poznanski schafft es, die im Buch beschriebene Sucht auch auf den Leser zu projizieren, der unbedingt wissen will, wie alles ausgeht, und damit selbst süchtig nach dem Weiterlesen wird. Außerdem kann man hier gut sehen, wie weit manche Menschen für Erfolg in einem bestimmten Bereich gehen würden, und man erschrickt fast über den Egoismus der Leute. Die Geschichte dient also in gewisser Weise auch als Vorbild und zur Abschreckung. Man kann schnell erkennen, welche Charaktere auf welcher Seite stehen, aber man kann nicht genau die Absicht oder den Sinn hinter dem Spiel sehen, doch Erebos hat nur ein Ziel: Es will töten.
Ursula Poznanski: Erebos, Loewe-Verlag, 2015, 485 Seiten, 9,95 €; empfohlen ab 14 Jahren
Rebecca Stüber (Q11)
Die 15-jährige Tuana lebt mit ihren Eltern in Deutschland. Sie reisen fast jedes Jahr in den Sommerferien nach Istanbul zu ihrer Oma und verbringen ihre Zeit dort. Doch einer dieser Aufenthalte verändert ihr Leben. Sie lernt Noyan, den 17-jährigen und sehr attraktiven Schulfreund ihrer Cousine Yaren, kennen und verliebt sich sofort in ihn, obwohl sie ihn nur ein paar Mal gesehen hat.
Als sie wieder zurück in Deutschland sind, bekommt Tuana eine Whatsapp-Nachricht von Noyan, was ihre Gefühle weiter wachsen lässt, und sie fangen an, hin und wieder zu chatten. Tuana verliebt sich mit der Zeit immer stärker in Noyan und möchte ihn wiedersehen. Deshalb macht sie Pläne, mit ihrer besten Freundin ohne ihre Eltern nach Istanbul zu reisen, was ziemlich gut klappt. Doch als Tuana in Istanbul von Yaren erfährt, dass Noyan eine Freundin hat, bricht ihre ganze Traumwelt zusammen.
Hat NoyanTuana wirklich vergessen und eine neue Freundin oder hat Yaren Tuana aus Eifersucht angelogen?
Der Schreibstil dieses Romans ist einzigartig und modern: Erzählbericht, Tagebucheinträge und Chats werden im Wechsel angeboten. Auch tauchen türkische Sätze auf, die den Roman zu etwas Besonderem, aber teilweise auch unverständlich machen. Fans von Liebesgeschichten werden diesen märchenhaften Liebesroman mit Genuss lesen, vor allem Teenager ab ca. 13 Jahren.
Aygen-Sibel Celik: Yakamoz – Eine Liebe in Istanbul, Oetinger Verlag, Taschenbuch 2014, 231Seiten, 8,99 €; empfohlen ab 13 Jahren
Rebecca Stüber (Q11)
Die fünf Kinder Leon, Maren, Sophia, Eike und Conrad sind gefangen in einem fensterlosen Keller, der sehr spärlich eingerichtet ist. Ein einfacher Tisch, dreckige Matratzen auf dem Boden und ein Fernseher, damit sie beobachten können, wie ihre Eltern verzweifelt nach ihnen suchen. Jeden Tag wird einer von ihnen für einige Stunden nach oben geholt und dann letztendlich innerlich zerbrochen wieder zu den anderen geschickt. Doch das Schlimme ist, dass man über die Erlebnisse dort oben nicht sprechen darf, denn sonst stirbt man. Diesen Satz hat man den Kindern oft genug gesagt, sodass sie ihn verinnerlicht haben. Jeder muss selbst verarbeiten, was passiert, wenn sie zu der Frau und ihren Gehilfen nach oben geholt werden. Der Leser kann sich vorstellen, dass kein Mensch diese sowohl körperlichen als auch seelischen Misshandlungen lange aushält und auch die Kinder fangen irgendwann an, über Selbstmord nachzudenken. Doch es ändert sich etwas, ein Neuer tritt – wenn auch unfreiwillig – der Gruppe bei. Der Neue heißt Noah und es scheint, als hätte er vor nichts und niemandem Angst, auch nicht vor den Entführern, denn er kommt aus einer viel schlimmeren Hölle. Noah wehrt sich gegen Männer, die ihn holen wollen, doch bei der Rangelei wird er getötet. Nun erkennen die anderen, dass sie handeln müssen, sie wollen entkommen und Rache nehmen. Als die Kidnapper eines Tages unachtsam sind, ergreifen die Jugendlichen ihre Chance und stellen sich den Menschen, die sie monatelang gedemütigt haben.
Friedrich Ani zeigt hier eine unglaublich bewegende und auch teilweise beklemmende Geschichte, die dem Leser einige schlaflose Nächte beschert und noch lange im Gedächtnis bleibt. Dem Autor ist es gelungen, die so verzweifelte Lage, in der sich die Jugendlichen befinden, überzeugend darzustellen. Dieses Buch regt durchaus zum Nachdenken an und man stellt sich automatisch die Frage „Was würde ich tun, wenn ich in so einer Situation wäre?“
Friedrich Ani: Die unterirdische Sonne, cbt-Verlag, Taschenbuch 2015, 336 Seiten, 9,99 €; empfohlen ab 15 Jahren
Theresa Bolkart (Q 11)
Ein Känguru, das ein ganz spezielles Weltbild hat. Ein Kleinkünstler, der sich lieber anpasst als aufzufallen. Was passiert, wenn ihre beiden Welten aufeinanderprallen? Die Antwort: Eine Katastrophe. Eine urkomische und unterhaltsame Katastrophe! Eines Tages zieht ein Känguru in die Wohnung neben Marc-Uwe ein und nur ein paar Tage später wohnt es schon bei dem Künstler. Und von da an werden die Tage dieses ungleichen Paares bestimmt von Ironie, Witz und herrlich sinnlosen Diskussionen über Gott und die Welt.
Dieses grüne Buch ist nur der Auftakt zu einer fantastischen Trilogie voller Ironie, Kabarett und Schnapspralinen. Ebenso amüsant ist auch die vom Autor selbst gelesene Hörbuchversion seiner Kängurugeschichten, in denen schon allein durch die Stimme des Kängurus sein einzigartiger Charakter deutlich wird.
Marc-Uwe Kling: Die Känguru Chroniken, Ullstein Taschenbuch 2011, 272 Seiten, 8,99 €; empfohlen ab 15 Jahren
Charlotte Polansky (Q 11)
Eigentlich hätte Allyson mit ihrer Reisegruppe ins Theater gehen sollen. So war es geplant, genauso wie die ganze Europareise in einer betreuten Reisegruppe für Minderjährige, die ihr ihre Eltern zum Highschool-Abschluss geschenkt hatten. Diese Reise ist genauso durchgeplant wie ihr ganzes bisheriges Leben. Die 18-jährige Amerikanerin ist genau das, was man sich unter einem grauen Mäuschen vorstellen kann. Sie sieht sich selbst als eher langweilig, Spontaneität ist ein absolutes Fremdwort für sie. Die Regeln hat sie noch nie gebrochen, auch nicht auf der Reise – bis zu diesem einen Tag, an dem sie Willem kennenlernt.
Als sie mit ihrer besten Freundin wenige Tage vor ihrer Rückreise vor dem Theater wartet, lädt der junge Schauspieler die beiden ein, eine etwas andere Vorführung von Shakespeares „Was ihr wollt“ anzusehen. Willem ist genau das, was Allyson nicht ist. Er scheint unglaublich frei und unabhängig zu sein, und sie ist sofort von ihm fasziniert. Deswegen lügt Allyson ihre Reiseleiterin an, um nicht mit der Gruppe ins Theater zu müssen – für sie der erste Regelbruch überhaupt.
Doch ihr Leben wird noch interessanter: durch einen Zufall trifft sie Willem wieder und dieser schlägt vor, mit ihr spontan nach Paris zu fahren, da Paris ursprünglich nicht auf ihrer Reisroute lag, sie die Stadt aber unbedingt sehen möchte. Allyson wittert das als Möglichkeit, ihr altes Leben und ihre Wertvorstellungen komplett über Bord zu werfen und eine neue Version von sich selbst zu entdecken.
In Paris erlebt sie einen wunderschönen Tag, der mit einer Übernachtung in einem besetzten Haus endet. Am nächsten Morgen ist Willem jedoch spurlos verschwunden – und Allyson versteht die Welt nicht mehr. War Willem doch nur ein übler Aufreißer? Allyson will das nicht glauben. Und da auch ihr Leben am College nicht so gut läuft, wie sie es sich erhofft hatte, und sie sich wieder in ihrem alten Leben gefangen sieht, beschließt sie, nach Willem zu suchen.
Es gibt zu „Nur ein Tag“ auch eine Fortsetzung mit dem Titel „Und ein ganzes Jahr“.
Die 1971 geborene Schriftstellerin Gayle Forman ist für viele sicherlich ein Begriff, da sie bereits die Bestseller „Wenn ich bleibe“ und „Lovesome“ veröffentlicht hat. Vor ihrer Karriere als Buchautorin arbeitete sie für bekannte Zeitschriften wie „Elle“ und „Cosmopolitan“.
Gayle Forman: Nur ein Tag, Fischer Verlag, 2016, 432 Seiten, 14,99 €; empfohlen ab 12 Jahren
Cassandra Fichtner (Q 11)
Bunt, laut, chaotisch, lebensfroh – das sind die Garretts, die 10- köpfige Nachbarfamilie von Samantha Reed, und damit genau das Gegenteil von dem, was Samanthas Mutter befürwortet. Aber Samantha liebt die fröhlichen Nachbarn, auch wenn sie die Familie nur heimlich von ihrem Zimmer aus beobachten kann. Doch alles ändert sich, als Jase Garrett eines Abends auf den Dachvorsprung von Samanthas Haus klettert und ihr Leben komplett auf den Kopf stellt. Hals über Kopf verliebt sich Samantha in Jase und so lernt sie die Garretts kennen, die sie mit offenen Armen empfangen. Aber es gibt immer noch ein Problem in Form von Mrs Reed, die weiterhin den fröhlichen Lebensstil der Nachbarfamilie ablehnt. Anfangs gelingt es Samantha, ihr neues Leben zu verheimlichen, bis es zu einem schrecklichen Unfall kommt, der alle Beteiligten auf eine harte Probe stellt, vor allem aber Jase und Samantha.
Für jeden, der wieder einmal eine schöne Liebesgeschichte lesen möchte, ist dieser Roman ein absolutes Muss. Aber die Autorin begrenzt sich nicht nur auf die Liebesgeschichte, sondern spricht auch kritische Themen wie das mangelhafte Sozialsystem in den USA in ihrem Buch an. Auch die große Spannweite zwischen Arm und Reich und die fehlende Unterstützung des Staates werden thematisiert. Doch die Liebesgeschichte bleibt trotz allem im Mittelpunkt. Insgesamt handelt es sich um einen gelungenen Roman, der sich perfekt als Sommerlektüre eignet, und das nicht nur wegen seines Titels.
„Mein Sommer nebenan“ ist der Debütroman der amerikanischen Autorin Huntley Fitzpatrick. Dieses Jahr erschien die Fortsetzung unter dem Titel „Mein Leben nebenan“.
Huntley Fitzpatrick: Mein Sommer nebenan, cbj-Verlag, Taschenbuch 2015, 512 Seiten, 8,99 €; empfohlen ab 12 Jahren
Anica Specht (Q 11)
Jodie kann es nicht glauben. Nachdem ihr Vater seinen Job verloren hat, hat ihre Mutter es auch noch geschafft, ihn mit ihren Vorwürfen zu vertreiben. Um den Eltern einen Denkzettel zu verpassen, beschließt sie von zuhause abzuhauen. Und zwar zu einem Freund, den sie im Internet kennen gelernt hat. Per Anhalter will Jodie zu ihm fahren, doch sie kommt dort nie an. Auf dem Weg ist sie gezwungen, vor einem aufdringlichen Lkw-Fahrer zu flüchten, und läuft wortwörtlich dem jungen Indianer Jay in die Arme. Da der Lastwagenfahrer mittlerweile weitergefahren ist, bleibt Jay nichts anderes übrig, als das Mädchen mitzunehmen, denn sie kann ja schließlich nicht nachts allein im Wald bleiben. Jay ist Jodie nicht ganz geheuer. Warum ist er so wütend? Und warum kann er sie nicht einfach zurück zur Straße bringen? Nach einer fast zweitägigen Reise, bei der sich Jodie am Fuß verletzt, erreichen sie ihr Ziel. Es ist ein kleines Camp mit Indianern, die zurückgezogen von der Zivilisation leben. Dort erfährt das Mädchen auch, warum Jay sich so beeilt hat. Sein Bruder ist schwer krank und die Medizin, die Jay ihm bringt, kommt zu spät.
Da Jodie kaum gehen kann, muss sie so lange im Camp bleiben, bis sie wieder gesund ist. In dieser Zeit lernt sie die Natur kennen. Zuvor hat sie nur in einer Stadt gewohnt. Das Leben in der Wildnis ist völlig neu und voller Herausforderungen. Doch auch Jay kommt sie näher. Sie verliebt sich in ihn und will plötzlich nicht mehr zurück. Aber natürlich ist das unumgänglich.
Antje Babendererde ist eine deutsche Autorin, die Bücher über das Leben der nordamerikanischen Indianer schreibt. „Libellensommer“ wurde mit dem Erwin-Strittmatter-Sonderpreis für Kinder- und Jugendliteratur und dem DELIA-Preis als bester deutschsprachiger Liebesroman ausgezeichnet.
Antje Babendererde: Libellensommer, Arena-Verlag, Sonderausgabe 2011, 320 Seiten, 9,99 €; empfohlen ab 13 Jahren
Maria Baumer (Q 11)
Wohin gehst du, wenn der größte Teil deiner Heimatstadt in Ruinen liegt? Wenn es in dein von Bomben zerstörtes Haus regnet und der Winter bevorsteht? Wenn es für dich in deinem Land keine Hoffnung mehr gibt?
Janne Teller fordert ihre Leser dazu auf, an einem Gedankenexperiment teilzunehmen und sich auf einen Perspektivenwechsel einzulassen. Ihr gelingt es vor allem durch ihren ergreifenden und mitreißenden Schreibstil und die Anlage der Geschichte als Du-Erzählung, den Leser Gewalt, Elend, Hunger und Diskriminierung hautnah erfahren zu lassen.
„Krieg: Stell dir vor, er wäre hier“ beschreibt ein Flüchtlingsdrama, in dem wir selbst die Hauptrolle spielen und in einer Welt leben, in der die europäischen Staaten sich bekriegen und in der in der arabischen Welt Frieden herrscht.
Das Buch ist eine Einladung, das Leben der Menschen nachzuvollziehen, die aktuell in unser Land flüchten müssen und eine Unterkunft suchen. Eine Einladung zu eigenem Denken und Mitgefühl, zu politischem Bewusstsein und zur Menschlichkeit. Wenn man sich traut sie anzunehmen, wird man nicht nur verstehen, warum Menschen flüchten müssen, sondern auch ein mitmenschliches Verständnis erlangen, das in unserer heutigen Situation mehr als notwendig ist.
Janne Teller: Krieg: Stell dir vor, er wäre hier, Carl Hanser Verlag, 2011, 64 Seiten, 6,90 €; empfohlen ab 13 Jahren
Elisa Sepp (Q 11)
Statt wie seine Freunde die Sommerferien am Meer oder in einem Ferienlager zu verbringen, wird der junge Christian von seiner Patentante zu einer Sommerakademie mitgenommen. Und die ist auch noch über Mathe! Zuerst ist der 12-Jährige alles andere als begeistert, doch allmählich scheint dieser Urlaub immer spannender für ihn zu werden. Schon bei der Ankunft in dem großen und geheimnisvollen Schloss in der Toskana fällt ihm auf, dass es hier doch ganz anders ist, als er erwartet hatte. Die „schreckliche“ Sommerakademie entpuppt sich schließlich als spannende Vortragsreihe zum Thema Codes. Und das interessiert Christian nun doch, denn der selbsterklärte Mathemuffel findet endlich einen Zweck in den ganzen Matheformeln und Regeln, die er in der Schule lernt. Als dann auch noch ein geheimnisvolles Manuskript verschwindet und nur rätselhafte Botschaften als Hinweise zurückbleiben, steckt der Schüler mitten in einem aufregenden Abenteuer voller Rätsel und Mathematik.
Das Buch des Dresdner Mathematik-Professors Albrecht Beutelspacher, der für seinen lebendigen und aufregenden Unterricht bekannt ist, ist in der Lage, selbst die größten Mathemuffel zu begeistern.
Albrecht Beutelspacher: Christian und die Zahlenkünstler, dtv, 3. Auflage Juni 2008, 224 Seiten, 7,95 €; empfohlen ab 10 Jahren
Charlotte Polansky (Q11)
Ismael ist 14 Jahre alt und leidet am „Ismael-Leseur-Syndrom“. Es ist nach ihm benannt, da er als weltweit erster und einziger Mensch daran „erkrankte“. Dieses Syndrom macht ihn zum völligen Deppen und somit laut eigenen Aussagen zum Bürgermeister von Versagerhausen. Man kann sich also vorstellen, dass es Ismael nicht gerade leicht in der Schule hat, denn vor allem Barry Bagsley und seine Gang schikanieren jeden, der anders ist als sie.
Doch die Lage bessert sich eines Tages, als der neue Schüler James Scobie in ihre Klasse kommt. Für Barry ist er natürlich das perfekte neue Opfer, doch James lässt sich das nicht gefallen und macht Barry mit Worten fertig, sodass dieser erst einmal alle in Ruhe lässt. James gründet einen Debattierclub, dem auch Ismael beitritt. Auf diese Weise lernen beide neue Freunde kennen, auch außerhalb der Schule. Obwohl die Mitglieder des Clubs unterschiedlicher nicht sein könnten, gewinnen sie viele Debatten und schaffen es sogar in eine der Endrunden. Bagsley findet nun ein neues Opfer, nämlich Ismaels Freund Bill Kingsley. Er macht sich über dessen Körperfülle lustig und hängt überall verunstaltete Bilder von ihm auf. Ismael sinnt deshalb auf Rache, er möchte nicht, dass Barry noch irgendjemandem schadet. Doch kurz bevor er seinen Plan in die Tat umsetzen will, merkt er, dass er eigentlich schon längst gewonnen hat.
„Nennt mich nicht Ismael!“ erzählt eine ziemlich lustige Geschichte über Freundschaft und das Erwachsenwerden. Der Autor geht hier auf besonders witzige Weise auf sehr ernste Themen wie Mobbingund das Anders-Sein ein. Außerdem kam dieses Buch bei seinen Lesern so gut an, dass es sogar eine Fortsetzung gibt, nämlich „Ismael und der Auftritt der Seekühe“.
Michael Gerard Bauer: Nennt mich nicht Ismael!, dtv, 304 Seiten, 8,95 €; empfohlen ab 11 Jahren
Theresa Bolkart (Q11)
Liv ist schon immer ein Mädchen mit lebhaften Träumen gewesen. Doch in letzter Zeit sind selbst für Liv die Träume sehr seltsam … ein geheimnisvoller Flur mit unheimlichen Türen, sprechende Steinfiguren und düstere Rituale auf einem Friedhof, vollzogen von vier Jungs. Das Problem dabei ist, dass diese vier Liv nicht unbekannt sind, sondern es sich um Grayson, Livs neu hinzugewonnen Stiefbruder und seine drei besten Freunde handelt. Seit Kurzem geht Liv mit ihnen auf die gleiche Schule, aber sie würde den vier Jungs niemals zutrauen, sich in düstere, magische Beschwörungen zu verstricken, und außerdem ist es ja alles nur ein Traum, oder etwa doch nicht? Als die Jungs aber plötzlich Livs Geheimnisse kennen, die sie niemals preisgeben würde, wird sie neugierig und möchte wissen, wie die Jungs das hinbekommen haben. Hat es etwas mit dem Traum zu tun? Ist es doch mehr, als nur ein Traum? Warum vollziehen die vier Jungs heimlich Rituale? Was hat es mit den seltsamen Türen auf sich? as alles möchte Liv herausfinden, denn Rätseln und Abenteuern konnte sie noch nie widerstehen.
Oft neigen Fantasy-Romane dazu, unrealistisch und übertrieben zu wirken. Doch Kerstin Gier schafft es, einen fantasiereichen und dennoch realistischen Roman zu schreiben, bei dem jeder Fantasy-Fan auf seine Kosten kommt. Kombiniert mit dem leichten und humorvollen Schreibstil der Autorin wird das Buch zu einem rundum gelungenen und unterhaltenden Fantasy-Roman.
Mit „Silber- Das erste Buch der Träume“ startete Kerstin Gier eine weitere erfolgreiche Trilogie. Bekannt wurde die Bestsellerautorin vor allem durch ihre „Rubinrot – Saphirblau – Smaragdgrün“-Trilogie, die auch verfilmt wurde.
Kerstin Gier: Silber – Das erste Buch der Träume, Fischer Verlag, 2013, 416 Seiten, 18,99 €; empfohlen ab 14 Jahren
Anica Specht (Q11)
Margo Roth Spiegelman ist ein Mysterium. Es kursieren unzählige Geschichten über sie, wie die Geschichte von dem Zirkus, mit dem Margo drei Tage lang gereist war, weil die Zirkusleute ihr Potential am Trapez erkannt hatten. Oder die Geschichte von der Band, mit der sie nach dem Konzert hinter der Bühne Kräutertee trank. Alle Geschichten über sie waren schwer zu glauben, und doch immer wahr.
Ihr Nachbar Quentin ist das komplette Gegenteil der risikofreudigen und abenteuerlustigen Margo. An der Schule gehört er zu den Uncoolen, außerdem sind seine Eltern Psychologen, weshalb er eine ziemlich ausgeglichene Kindheit hatte. Von klein auf allerbeste Freunde leben sie sich doch mit der Zeit auseinander, bis Margo eines Abends vor Quentins Fenster steht und ihn bittet, mit ihm zu kommen und ihm bei einem nächtlichen Rachefeldzug gegen einige ihrer Feinde zu helfen. Dadurch bietet sich ihm die Chance, Margo zu beeindrucken. Dafür muss er jedoch alle seine Ängste über Bord werfen. In dieser Nacht hat er zum ersten Mal das Gefühl, Margo wirklich kennenzulernen.
Am nächsten Morgen ist Margo jedoch verschwunden, woraufhin er sich fragt, ob er sie jemals wirklich gekannt hat. Er stellt sein ganzes Leben auf den Kopf und versucht, den Hinweisen nachzugehen, die sie ihm hinterlassen hat. Gemeinsam mit seinen besten Freunden Radar und Ben sowie Margos Freundin Lacey geht er auf Spurensuche. Er möchte herausfinden, warum sie weg und was mit ihr passiert ist. Ob er sie letztendlich findet, könnt ihr im Buch nachlesen.
Das Buch ist spannend und gut geschrieben, vor allem weil Margo eine rätselhafte und interessante Persönlichkeit ist. „Margos Spuren“ gehört neben „Eine wie Alaska“ und „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ zu Greens erfolgreichsten Jugendbüchern, für die er unter anderem mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet wurde. Der 1977 geborene Autor studierte Englische Literatur und Vergleichende Religionswissenschaft, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. „Margos Spuren“ wurde 2015 verfilmt.
John Green: Margos Spuren, dtv Verlag, 2015, 336 Seiten, 9,95 €; empfohlen ab 14 Jahren
Cassandra Fichtner (Q 11)
Was würdest du tun, wenn deine beste Freundin plötzlich verschwindet? Oder wenn du anonyme Nachrichten geschickt bekommst, die deine größten Geheimnisse aufdecken? In genau dieser Situation finden sich die vier Mädchen Aria, Emily, Hanna und Spencer zwei Jahre nach dem rätselhaften Verschwinden ihrer Freundin und Cliquen-Anführerin Alison DiLaurentis wieder. Jede bekommt kleine Nachrichten zugesteckt und gesendet, die von ihren dunkelsten Geheimnissen und Momenten handeln. Die geheimnisvolle Absenderin der bedrohlichen Texte nennt sich nur „A“. Und zuerst glauben die Mädchen, Alison wäre zurück, doch nachdem eines Abends ihre Leiche gefunden wird, sind die Freundinnen verwirrt. Wer ist „A“, und vor allem, woher kennt sie die großen und kleinen Lügereien und Geheimnisse der Mädchen? Woher weiß sie von Spencers Flirt mit dem Verlobten ihrer Schwester oder von Arias Affäre mit ihrem Englischlehrer, Hannas Bulimie oder Emilys Gefühlen für Mädchen? Können die Vier herausfinden, wer „A“ ist, und die Umstände um Alisons Verschwinden aufdecken?
Das Buch „Unschuldig“ ist der erste Band aus Sara Shepards Reihe „Pretty Little Liars“ und ein spannender Auftakt für die 16-teilige Serie. Auch die amerikanische TV-Serie „Pretty Little Liars“, die auf den Büchern beruht, ist voller Spannung, Romantik und Geheimnissen.
Sara Shepard: Unschuldig – Pretty Little Liars, cbt-Jugendbuch, 2009, 316 Seiten, 7,95 €; empfohlen ab 14 Jahren
Charlotte Polansky (Q 11)
Als die Schafherde ihren Schäfer George Glenn eines Morgens mit einem aus der Brust ragenden Spaten tot auffindet, sind die Schafe erst einmal ratlos und geschockt. „Gestern war er noch gesund“, sagt eines der Schafe, während ein anderes weiß: „Spaten sind keine Krankheit.“ Zuerst einmal stellen die Schafe klar, dass sie nicht verhungern werden und dass George nicht von einem Wolf getötet wurde. Nach einer abgewendeten Panik und einigen Überlegungen kommen sie schließlich zu dem Schluss, dass es nur ein anderer Mensch gewesen sein kann, der den Spaten in George hineingesteckt hat – ihr Schäfer wurde ermordet! Und obwohl George Glenn sicher nicht der perfekte Schäfer war, hat er doch zu der Herde gehört und auf jedes einzelne Schaf Acht gegeben, weshalb die Schafherde beschließt zu ermitteln, um den „Spatenstecker“ zu finden und den oder die Schuldigen zur Rechenschaft zu ziehen.
Dank eines Kriminalromans, den George seinen Schafen vor einer Weile mal vorgelesen hat, wissen die Schafe, was sie bei ihren Ermittlungen – angeführt von Miss Maple, dem klügsten Schaf der Herde, des Dorfes Glennkill und vielleicht sogar der ganzen Welt – beachten müssen. Zum Beispiel haben sie gelernt, dass der Täter immer zum Tatort zurückkehrt, was sie dazu bringt, ihren natürlichen Feind, den Metzger, dem sie alles zutrauen, zu verdächtigen, da er einer der Ersten war, die George gefunden haben, während andere Schafe Georges Frau Kate für die Täterin halten, denn sie habe herausgefunden, dass George eine Geliebte hatte. Im Laufe der Nachforschungen unternehmen die Schafe auch Ausflüge ins Dorf und belauschen die Bewohner, um Informationen zu gewinnen. So wird der Pfarrer, von dem sie – ihrer Schafslogik gemäß – denken, er sei Gott und Gott scheine ja schon mehrere Leute auf dem Gewissen zu haben, der neue Hauptverdächtige. Es braucht eine Weile, aber schließlich kommen die Schafe auf die richtige Fährte und können den Fall mit einiger Planung und mit Geschick aufklären.
Was dieses Buch so lesenswert macht, sind die liebevoll gezeichneten tierischen Charaktere. Jedes der Schafe hat seine eigene Geschichte und Hintergründe, und sie alle haben verschiedene Eigenschaften und Fähigkeiten, die jedes einzigartig und zu einem wertvollen Mitglied der Herde machen. Zudem verblüfft und erfrischt die ungewohnte Erzählweise, und die Art, wie die Schafe denken und sich die Welt erklären, ist sehr lustig zu lesen.
Leonie Swann wurde 1975 in der Nähe von München geboren. Sie studierte Philosophie, Psychologie und Englische Literaturwissenschaft in München. „Glennkill“ ist ihr erster Roman, der auf Anhieb sowohl im deutschsprachigen Bereich als auch international für Furore sorgte und bisher in 23 Länder verkauft wurde. Leonie Swann lebt heute in Berlin.
Leonie Swann: Glennkill, Goldmann Verlag, 2007, 384 Seiten, 9,99 €; empfohlen ab 12 Jahren
Christina Weiß (Q 11)
Miles beschließt, mit sechzehn auf das Internat Culver Creek in Alabama zu gehen, wo schon sein Vater war. Dort hofft er, Freunde, Abenteuer und „das große Vielleicht“ zu finden. Als er ankommt, nimmt ihn sein Zimmergenosse Chip, den alle den Colonel nennen, mit zu Alaska, um von ihr Zigaretten zu kaufen. Miles wird vom ersten Moment an in ihren Bann gezogen. Sie ist anders als alle Mädchen, die er bis dahin getroffen hat: verrückt, laut und sehr hübsch. Er verliebt sich in ihre fröhliche, lachende Seite, aber es gibt auch eine andere: verletzlich, traurig und still. Diese Alaska ist unberechenbar und kann verletzend wirken, weil sie andere Menschen ausschließt.
Mit dem Japaner Takumi und Lara, die aus Rumänien kommt, wird die Clique vollständig. Zusammen spielen sie anderen Streiche, die von Alaska und dem Colonel ausgeheckt wurden. Ihre Hauptziele sind der von allen gefürchtete Lehrer mit dem Spitznamen „der Adler“ und die „Tagestäter“, die Kinder der Reichen, welche davon überzeugt sind, etwas Besseres zu sein. Miles ist glücklich, er hat wundervolle Freunde und sein Leben ist alles andere als langweilig.
Doch in einer Nacht voll süßem Billigrotwein, den Alaska so liebt, verändert sich plötzlich Miles' ganzes Leben. Der Colonel und er setzen alles daran, das Rätsel Alaska zu lösen, um Antworten auf ihre drängenden Fragen zu bekommen. Das Buch ist in zwei Teile gegliedert, dem „Vorher“ und dem „Nachher“. Anfangs steht die Suche nach dem großen Vielleicht – oder anders gesagt: dem Sinn des Lebens – im Mittelpunkt. Der „Nachher“-Teil handelt von dem Versuch, dem „Labyrinth des Leidens“ zu entfliehen. John Green erzählt die Geschichte mit einem unglaublichen Humor und Gefühl. Er zeigt, was es bedeutet, wahre Freunde zu haben, dazuzugehören und wie schrecklich unvorhersehbar das Leben sein kann.
Mit „Eine wie Alaska“ gab John Green ein hervorragendes Debüt. Der Roman wurde unter anderem mit dem Michel L. Printz Award für besondere Verdienste um die US-amerikanische Jugendliteratur und dem Teens' Top Ten Award ausgezeichnet.
John Green: Eine wie Alaska, dtv (Reihe Hanser), 20. Auflage 2015, 304 Seiten, 9,95 €, empfohlen ab 12 Jahren
Maria Baumer (Q11)
Für den Englischunterricht soll Laurel einen Brief an eine bereits verstorbene Persönlichkeit schreiben. Sie wählt den Lieblingssänger ihrer toten Schwester May, zu der sie immer aufgeschaut hat, Kurt Cobain. Aus dem ersten Brief wird eine lange Unterhaltung mit vielen weiteren toten Berühmtheiten wie Janis Joplin, Amy Winehouse oder John Keats. Laurel wäre beinahe an ihrer Vergangenheit zerbrochen, doch durch die Briefe hat sie das Gefühl, endlich verstanden zu werden. Sie erzählt ihnen von ihrer neuen Schule, ihren neuen Freunden und von Sky, ihrer großen Liebe.
Der Bestsellerautor Jay Asher beschreibt das Buch als eine Art „Liebesbrief an das Leben.“ Ich finde, er trifft mit dieser Aussage absolut ins Schwarze, denn Ava Dellaira gelingt es, den Leser sehr direkt an der persönlichen Geschichte des jungen Mädchens teilhaben zu lassen, sodass ihm selbst schnell bewusst wird, wie kostbar das Leben ist. Seite für Seite erfährt man mehr über Laurels Leben, das geprägt ist von Höhen und Tiefen. Vor allem der Gedanke, schuld am Tod ihrer Schwester zu sein, lässt sie nicht los und auch die Scheidung ihrer Eltern belastet sie, doch durch ihre Freundinnen und durch Sky lernt sie das Leben wieder zu schätzen. Tag für Tag. Sie lässt sich nicht unterkriegen und findet immer wieder neue Kraft, um aus ihrem Tief herauszufinden.
„Love Letters to the Dead” ist ein sehr authentisches Jugendbuch, das schonungslos ehrlich und einfühlsam Laurels Suche nach sich selbst, ihren Umgang mit dem Tod ihrer großen Schwester und ihren Gefühlen beschreibt. Ihre Geschichte ist ebenso ergreifend und bewegend wie glaubwürdig und hat mich geradezu gefesselt.
Ava Dellaira: Love Letters to the Dead, cbt Verlag, 2015, 416 Seiten, 17,99 €, empfohlen ab 14 Jahren
Elisa Sepp (Q11)
Lara, ein junger Teenager, hatte in ihrem Leben schon viele Probleme. Als sie kleiner war, wurde sie wegen ihres leichten Übergewichts gehänselt, Freunde waren ein seltenes Gut, außerdem wurde sie wegen Depressionen ins Krankenhaus eingewiesen. Kurz gesagt, Laras Leben war bisher eine einzige Baustelle. Doch mittlerweile hat sie ein paar Kilos verloren, die Depressionen überwunden und es sogar ins heißersehnte Cheerleaderteam der Schule geschafft.
Es scheint doch so etwas wie Glückssträhnen zu geben, denn zu allem Überfluss schreibt sie auch noch ein megahübscher Junge auf Facebook an und bombardiert sie derart mit Komplimenten und sogar Liebeserklärungen, dass Lara sich Hals über Kopf in den Unbekannten, der sich Christian DeWitt nennt, verliebt. Bei all dem Sonnenschein, der in Laras Leben gedrungen ist, kann doch eigentlich nichts mehr schiefgehen.
Doch wie es das Schicksal will, schlägt erneut ein meteoritenartiges Ereignis ein und lässt Lara von einem Tag auf den anderen wieder tief im Boden versinken. „Die Welt wär besser ohne dich“, muss das Mädchen eines Abends auf ihrer Facebook-Pinnwand lesen. Geschrieben von dem Jungen, von dem sie erwartet hatte, dass er sie demnächst zum Homecoming-Ball einladen würde. Von einem Augenblick auf den nächsten kehren die alten Gefühle zurück. Warum? Was habe ich Christian und den ganzen „Kommentarlikern“ getan? Diese Fragen geistern durch Laras Kopf und lassen sie nicht los. Verzweifelt und traurig wie noch nie trifft sie eine verhängnisvolle Entscheidung.
Sarah Darer Littman hat es begriffen, das furchtbare Gefühl eines Gemobbten sowie eines Mobbers (der allerdings oft erst nach der Veröffentlichung des Falls darunter leidet) authentisch und realitätsgetreu darzustellen. Mit einfacher, aber gleichzeitig aussagekräftiger Sprache lässt sie Außenstehende mitten ins Geschehen blicken und gestaltet das Thema aus der Sicht aller Beteiligten. Durch kurze Kapitel, die jeweils aus einer anderen Perspektive die Ereignisse schildern, wird einem die Komplexität einer Mobbingattacke deutlich gemacht. Ein super Buch für Leute, die einen Einblick bekommen wollen, was alles durch noch so harmlose Worte ausgelöst werden kann.
Sarah Darer Littman, Die Welt wär besser ohne dich, Ravensburger Verlag, 2016, 379 Seiten, 14,99 €; empfohlen ab 12 Jahren
Franziska Kölbl (Q 11)
Nach dem Tod ihres Schwiegersohnes kümmert sich die 60-jährige, geschiedene Adrienne Willis um den Haushalt ihrer Tochter Amanda und sorgt für ihre Enkelkinder, da ihre Tochter den Tod ihres Mannes nicht verkraftet und alles um sich herum vernachlässigt. Amandas Depressionen und Kummer bereiten Adrienne große Sorgen, sodass sie beschließt, ihrer Tochter ein Geheimnis anzuvertrauen, in der Hoffnung, dass es ihr dann besser geht.
Vor 15 Jahren, als Adrienne von ihrem Mann Jack wegen einer jüngeren Frau verlassen wurde, fiel auch sie tief in Kummer wie Amanda und kam nicht mehr mit ihrem Leben klar. Deshalb beschloss sie damals zu verreisen, um eine Pause zu machen und sich zu erholen. Dort passierten jedoch unerwartete Dinge, die Adrienne wieder glücklich machten.
Sie lernte den frisch geschiedenen Arzt Paul Flanner kennen, dem es aufgrund des Todes eines Patienten nicht gut ging. Adrienne und Paul munterten sich gegenseitig auf, sodass beide wieder etwas Mut fassten und sich ineinander verliebten. Doch da Adrienne gerade frisch verlassen wurde, fühlte sie sich noch nicht bereit für eine neue Beziehung. Paul reist daraufhin zu seinem Sohn nach Südamerika und bleibt bei ihm. Trotzdem fühlen sich Adrienne und er einander lebenslang verbunden.
Beim Lesen dieses Romans wird der Leser mit den folgenden Fragen konfrontiert: Wird Amanda sich durch ihre Mutter trösten lassen und wieder neuen Lebensmut schöpfen oder wird sie durch diese geheime Affäre ihrer Mutter enttäuscht und versinkt noch tiefer in Depressionen? Dieses Buch folgt dem gleichen Muster wie die anderen Romane von Sparks: Anfangs empfinden die Protagonisten Trauer, Zwiespalt oder Zweifel, die sich dann in einer großartigen Liebesgeschichte auflösen. Auch der Schreibstil ist bekannt: Durch die Erzählung der Mutter baut Sparks Spannung auf und das Buch fesselt den Leser.
Fans von Liebesromanen werden auch diese Geschichte mit Genuss lesen; vor allem eignet sich das Buch für Leserinnen ab Klasse 7.
Nicholas Sparks: Das Lächeln der Sterne, Heyne-Verlag, 2008, 256 Seiten, 7,95 €; empfohlen ab 12 Jahren
Emine Akbaba (Q11)
Aufgrund der Arbeitslosigkeit in Konya zieht Mustafa Karatas alleine nach Istanbul, um seine Familie zu versorgen, und holt einige Jahre später seinen Sohn Mevlüd zu sich, damit er ihm beim Joghurtverkauf hilft und außerdem noch die Schule besucht. Da Mevlüd jedoch mit dem Arbeiten und der Schule gleichzeitig nicht klarkommt, bricht er die Schule in der 10. Klasse ab.
Die Geschichte spielt in den 60er Jahren, einer Zeit, in der es politische Konflikte in Istanbul zwischen Linken und Aleviten gibt. Diese Auseinandersetzungen zwischen den zwei unterschiedlichen politischen Gruppen werden ausführlich und informativ dargestellt. Mevlüd erlebt alles mit und gerät in einen Zwiespalt, denn sein Cousin Korkut ist ein Anhänger der Linken und sein bester Freund Ferhat ein Alevit.
Als sein Cousin ein Mädchen aus Konya heiratet, verliebt sich Mevlüd dort in die Schwester mit den schönen Augen. Ein Freund sagt, dass sie Vediha heiße, und Mevlüd fängt an, ihr Liebesbriefe zu schreiben. Doch sein Freund Süleyman hat ihm absichtlich den Namen der zweiten Schwester gesagt, da er selbst Semiha mit den schönen Augen haben will.
Nachdem Mevlüd seinen Wehrdienst beendet hat, brennt er mit Hilfe von Süleyman mit Vediha durch und sieht dann erst, dass es die Falsche ist. Trotzdem lässt er sie nicht im Stich, sondern empfindet Wärme und Liebe für sie, und sie heiraten. Sie führen eine glückliche Ehe und bekommen auch Kinder. Dabei verblasst Mevlüds Liebe zu Semiha, die etwas später seinen besten Freund Ferhat heiratet.
Nach vielen Jahren, nachdem Vediha und Ferhat bereits gestorben sind, begegnen sich Semiha und Mevlüd erneut und alte Gefühle werden wieder wach, ebenso wie die Erinnerung an die erste Begegnung auf der Hochzeit. Folgende Frage stellt man sich beim Lesen: Werden die beiden zusammenkommen und eine gemeinsame Zukunft haben? Ist alles nur Schicksal oder zeigt sich hier die Kraft der wahren Liebe?
Die Vielfältigkeit des Romans macht das Buch sehr interessant und baut Spannung auf. Es bietet zahlreiche Aspekte, die Leser interessieren könnten: Armut, das Leben in den 60er Jahren in Istanbul, politische Konflikte, türkische Traditionen und Kultur und noch vieles mehr. Der Autor Orhan Pamuk fesselt den Leser, indem er einen „normalen“ Menschen in dieser Zeit als Hauptfigur wählt, anstatt wie gewöhnlich über berühmte und reiche Menschen zu schreiben. Dieser Roman wurde auch in Deutschland 2016 zum Bestseller.
Leser, die sich in andere Kulturen und Lebensstile hineinversetzen wollen, werden dieses Buch mit Freude lesen.
Orhan Pamuk: Diese Fremdheit in mir, Hanser-Verlag, 2016, 592 Seiten, 26 €; empfohlen ab 15 Jahren
Emine Akbaba (Q 11)
Diese Frage ihres Englischlehrers stellt Parker vor ein ernsthaftes Problem. Bisher war klar, was sie wollte: ein Stipendium für die Stanford University und dann Medizin studieren. Das war schon immer ihre Bestimmung, zumindest ist Parkers Mutter dieser Meinung. Und der Plan scheint auch nach und nach aufzugehen. Parker wird ausgewählt als Stipendiatin für Stanford bei der Cruz-Farnetti-Stiftung, die zu Ehren von Julianna und Shane ins Leben gerufen wurde, dem ehemaligen Traumpaar der High-School, das vor zehn Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist. Aber Parker überkommen immer größere Zweifel, ob „ihr“ Plan wirklich der Weg ist, den sie gehen möchte. Als sie dann durch einen Zufall Julianna Farnettis Tagebuch findet, muss sie erkennen, dass Juliannas scheinbar perfektes Leben nicht so perfekt war, wie viele – auch Parker – anfangs meinten. Plötzlich erscheint alles in einem ganz anderen Licht und Parker macht sich auf die Suche nach der Wahrheit. Dabei wird die Reise durch Juliannas Vergangenheit und die Suche nach der Wahrheit eine Reise zu sich selbst. Nach und nach erkennt Parker, was sie wirklich vorhat mit ihrem einen, wilden, kostbaren Leben. Doch den Traum zu leben, ist manchmal schwerer als anfangs gedacht.
Jessi Kirby hat eine ganz klare Botschaft an ihre Leser: „Folge deinem Traum, denn du hast nur ein Leben.“ Dabei geht die Autorin nicht naiv und blauäugig an das Thema heran, sondern beschreibt die Probleme, die dabei auftauchen können, durchaus realistisch. Aber auch, dass die Entscheidung, seinen eigenen Weg zu gehen, ein Prozess ist und nicht von jetzt auf nachher gefällt wird und einiges kosten kann, wird deutlich. Trotz aller Probleme ermutigt die Autorin ihre Leser, ihren Weg zu finden und zu gehen, denn jeder hat nur ein einziges, kostbares Leben.
„Dein eines, wildes, kostbares Leben“ ist der dritte und erfolgreichste Jugendroman der amerikanischen Autorin Jessi Kirby.
Jessi Kirby: Dein eines, wildes, kostbares Leben, Kosmos-Verlag, 2014, 304 Seiten, 14.99 €; empfohlen ab 14 Jahren
Anica Specht (Q 11)
Arnold Spirit Junior, der von seinem Stamm immer nur Junior genannt wird, hatte es noch nie leicht. Er wurde mit „zu viel Wasser im Kopf“ geboren und das hatte natürlich einige Auswirkungen auf sein Äußeres: überdimensionale Hände und Füße, einen riesigen Schädel, so viele Zähne, dass er seinen Mund nicht mehr schließen kann, und noch eine Menge weiterer Auffälligkeiten, die aus ihm das perfekte Opfer machen. Doch obwohl er von allen nur herumgeschubst wird, gibt er niemals auf und wagt es schließlich, das Indianerreservat zu verlassen, um auf eine Schule für Weiße zu gehen. Im „Res“ haben alle die Hoffnung auf ein besseres Leben aufgegeben und ertränken ihren Frust in billigem Alkohol, den sie sich von ihrem letzten Geld kaufen. Arnold möchte so ein Dasein nicht. Etwas zu erreichen, wenigstens eine kleine Chance auf ein besseres Leben zu haben, das ist sein größter Wunsch. Und er bekommt diese Chance, denn an seiner neuen Schule wird er mit der Zeit respektiert und sogar ein bisschen beliebt, schafft es in die Basketballmannschaft und hat so etwas wie eine Freundin. Alles scheint besser zu sein, doch irgendwann holt auch Arnold die Vergangenheit ein. Er muss seinem früher besten Freund und heute größten Feind gegenübertreten.
„Das absolut wahre Tagebuch eines Teilzeit-Indianers“ beschreibt eine wunderbare Geschichte, die uns lehrt, dass man hin und wieder etwas wagen muss, um seine Träume zu verwirklichen. Dieses Buch ist unglaublich witzig geschrieben, und die Comic-Zeichnungen, die hin und wieder auftauchen, machen es perfekt. Dem Leser geht das tragische Schicksal der Spokane-Indianer, insbesondere das von Arnold, sehr nahe, da man wirklich einzigartige Einblicke erhascht.
Sherman, Alexie: Das absolut wahre Tagebuch eines Teilzeit-Indianers, dtv pocket, 8. Auflage 2016, 272 Seiten, 8,95 €; empfohlen ab 14 Jahren
Theresa Bolkart (Q11)
Die eineiigen Zwillingsschwestern Sunshine und Rayne McDonald könnten unterschiedlicher nicht sein. Mal ganz abgesehen von der unkonventionellen Namensgebung ihrer Exhippie-Eltern besteht Sunnys Standard-Aufmachung aus einem Tanktop, Jeans und Flip-Flops, während Rayne ein treuer Fan der Gothic-Szene ist, nur Goth Music hört und die einzigen Kleidungsstücke in ihrem Kleiderschrank, die nicht schwarz, mit Spitze besetzt oder aus Leder sind, aus purer Ironie gekauft hat. Während Sunny ziemlich genau der Definition eines Unschuldslamms entspricht, liebt es Rayne, sich permanent in Schwierigkeiten zu bringen, was die beiden zum genauen Gegenteil voneinander macht. Trotz des himmelweiten Unterschiedes zwischen den beiden halten sie jedoch immer zusammen gegen überfürsorgliche Eltern, nervige Lehrer und dergleichen.
Als Sunny aus einer schwesterlichen Verpflichtung heraus eines Abends mit Rayne in einen Goth Club geht, erwartet sie einen merkwürdigen, langweiligen Abend. Was sie jedoch nicht erwartet, ist, von einem sehr attraktiven, etwas geheimnisvollen Mann in den Hals gebissen zu werden. Und was sie noch viel weniger erwartet, ist, dass sich der Mann, der nicht viel älter aussieht als sie, als ein tausendjähriger Vampir herausstellt. Nach einigen wütenden Worten und viel Verwirrung findet Rayne die beiden und klärt die Situation auf: Rayne will ein Vampir werden, deswegen hat sie einen Antrag an den geheimen lokalen Vampirzirkel gestellt und den Vampir Magnus als Blutsgefährten zugewiesen bekommen, der sie jedoch mit Sunny verwechselt hat, da die beiden Schwestern sich rein äußerlich bis aufs Haar gleichen.
Die absolut wichtigste Frage für Sunny ist jetzt: Wie kann ihre Verwandlung in einen Vampir aufgehalten werden, bevor es zu spät ist und sie auf immer zu einem unsterblichen Dasein als ein Geschöpf der Nacht verdammt ist? Was dieses Buch von der breiten Masse der Vampirromane abhebt, ist die Tatsache, dass die Autorin, obwohl sie sich einiger Vampirklischees bedient, diese auf eine Art und Weise umsetzt, die neu und anders ist, und auch mit einer Menge eigener interessanter Ideen aufwartet. Die Protagonistin Sunny ist von der Idee, ein Vampir zu werden, nicht gerade begeistert, um nicht zu sagen, sie kann sich nichts Schlimmeres vorstellen. Ebenso ist sie von Vampiren, dem Zirkel und der Vampir-Hierarchie generell ziemlich unbeeindruckt, macht sich ständig über sie lustig und lässt sich von keinem Untoten einschüchtern, was erfrischend anders ist und die Geschichte lebendig macht.
Mari Mancusi ist eine US-amerikanische Journalistin, Fernsehproduzentin und Buchautorin. Heute arbeitet sie als Nachrichtenjournalistin bei NBC und ist zweifache Emmy-Preisträgerin. Mancusi verfasst vor allem Vampirromane. Sie lebt mit ihrem Freund Jacob und ihrer Hündin Molly in Jersey City.
Mari Mancusi: Jungs zum Anbeißen, Arena Verlag, 2006, 261 Seiten, 9,95 €; empfohlen ab 14 Jahren
Christina Weiß (Q11)
Audrey Turner ist eigentlich ein ganz normaler Teenager, wenn man einmal von ihrer etwas chaotischen Familie absieht: Ihr Bruder Frank ist ein Computernerd, ihre Mutter eine „Daily Mail“-süchtige Gesundheitsfanatikerin und ihr Vater ist ein etwas zerstreuter Zeitgenosse. Doch etwas unterscheidet Audrey von den anderen Jugendlichen, und zwar ihre Sonnenbrille. Audrey nimmt sie niemals ab, und das nicht etwa, weil sie sich für etwas Besseres hält, sondern weil sie ihre Angstattacken dahinter versteckt, denn sie leidet unter sozialer Phobie. Der Grund dafür ist, dass Audrey Mobbingopfer in ihrer alten Schule geworden ist und seither unter Panikattacken leidet, wenn ihr jemand zu nah kommt – oder noch schlimmer – ihr in die Augen schauen will. Als ihr eines Tages ihre Therapeutin vorschlägt, sie solle eine Art Dokumentarfilm über ihre Familie drehen, ist Audrey anfangs skeptisch, aber sie entschließt sich doch, die Aufgabe anzunehmen. Dabei taucht immer öfter Linus, ein Freund von Frank, in ihrem Film auf und es entsteht mehr als nur eine besondere Freundschaft.
Wer jetzt denkt, „schon wieder eine langweilige Romanze“, liegt falsch. Denn die Autorin schafft es, vor allem die chaotische Familie Turner in den Mittelpunkt zu stellen, was das Buch sehr amüsant und leicht zu lesen macht. So trägt jedes Mitglied seinen Teil zu dem Buch und auch zu Audreys Genesung bei. Aber es werden auch durchaus ernste Themen behandelt wie Mobbing, Depression oder die zerstörerische Wirkung von Gerüchten. Dabei bleibt die Autorin trotz allem positiv und vermittelt so jedem pure Lebensfreude. Sehr schade allerdings ist, dass man leider nie ganz erfährt, was der Grund für Audreys Krankheit ist. Trotzdem ist das Buch insgesamt gelungen und absolut lesenswert für Leute, die wieder einmal eine romantische Komödie lesen wollen.
„Schau mir in die Augen, Audrey“ ist der erste Jugendroman der englischen Autorin Sophie Kinsella. Bekannt wurde sie mit ihrem Bestsellerroman „Shopaholic - Die Schnäppchenjägerin“, der auch verfilmt wurde.
Sophie Kinsella: Schau mir in die Augen, Audrey, cbj-Verlag, 2015, 384 Seiten, 14,99 €; empfohlen ab 12 Jahren
Anica Specht (Q 11)
Martin wollte lieber mit seinen Star Wars-Figuren spielen. Stattdessen begegnet er dem Tod am Sterbebett seiner Großmutter. Dieser ist total begeistert, dass ihn endlich einmal jemand sehen kann, sodass er Martin nun öfters besucht, aber das natürlich immer ungebeten. Da der kleine Junge noch nicht so ganz versteht, welche Folgen das für sein Leben haben könnte, spricht er mit dem Tod, als wäre er eine ganz normale Person, und spielt sogar Schach mit ihm. So wird Martin für sein Umfeld mehr und mehr zu einem Sonderling. Kaum hat er endlich einen „normalen“ Freund gefunden, muss natürlich der Tod wieder vorbeischauen und alles vermasseln. Martin wird älter und mit der Zeit zweifelt er an der Unausweichlichkeit des Todes und möchte aktiv gegen ihn vorgehen: Er tritt den Rettungsschwimmern bei und wird später sogar Arzt, um möglichst viele Menschen vor seinem besten Freund zu bewahren. Aber kann man wirklich das aufhalten, was früher oder später sowieso passieren wird? Und was ist mit dem eigenen Schicksal? Was geschieht, wenn der Tod Martin selbst holen muss? „Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens“ schafft es wirklich, den Lesern ein ernstes Thema wie das Sterben auf lustige Weise näherzubringen. Das Buch ist aber nicht nur eine Belustigung für zwischendurch, man wird auch zum Nachdenken über sein eigenes Leben angeregt. Manchmal sehen wir das Leben als eine Selbstverständlichkeit an und nicht als ein Geschenk…
Sebastian Niedlich: Der Tod und andere Höhepunkte meines Lebens, Schwarzkopf & Schwarzkopf, 2015, 328 Seiten, 9,99 €; empfohlen ab 13 Jahren
Theresa Bolkart (Q11)
Die Liebe versetzt Berge, gibt uns Flügel und hält uns am Leben. Doch manchmal ist es das Schicksal, das uns aus dem Leben reißt und gegen das nicht einmal die Liebe ankommt.
Will Traynor hatte einen Unfall. Seit diesem Tag sitzt er im Rollstuhl und kann – außer seinem Kopf – keines seiner Körperteile mehr bewegen. Als Louisa Clark ihren Job in einem kleinen Café verliert, fängt sie an, bei den Traynors zu arbeiten und sich um Will zu kümmern. Anfangs kann sie den verbitterten, depressiven jungen Mann nicht leiden. Doch als er sich ihr immer weiter öffnet und je mehr Zeit sie mit ihm verbringt, desto enger wird ihre Verbindung und es entsteht eine ganz besondere Freundschaft. Ein Gespräch, das Louisa zufällig mithört, trifft sie wie ein Schlag ins Gesicht.
Sie erfährt, dass Will sterben will. Sterbehilfe. In nur 6 Monaten. Es bleibt Lou also nur noch ein ganzes halbes Jahr, um ihn umzustimmen, ihm zu zeigen, wie schön die Welt doch sein kann. Kurz vor Ablauf der Zeit erfahren beide die größte Wertschätzung, die ein Mensch einem anderen entgegenbringen kann: die Liebe. Jojo Moyes gewährt uns Lesern mit ihrem Roman „Ein ganzes halbes Jahr“ den Blick ins Innere eines Menschen, der den Sinn des Lebens bereits verloren hat, und behandelt einfühlsam und herzerwärmend die Themen Sterbehilfe und Hoffnungslosigkeit.
Die Aussage dieses unbeschreiblich bewegenden Buches ist nicht nur klug, sondern regt auch zum Nachdenken über das eigene kostbare Leben an.
Jojo Moyes: Ein ganzes halbes Jahr, Rowohlt Verlag, 2013, 527 Seiten, 9,99 €; empfohlen ab 14 Jahren
Elisa Sepp (Q11)
Eine Frau, die betrunken von ihrem Balkon stürzt. Vom fünften Stock. Mitten in der Nacht. Sie hat (zumindest in dieser Hinsicht) Glück und überlebt mit fünf Knochenbrüchen und einer zertrümmerten Hüfte. Diese Frau ist die 26-jährige Louisa Clark, die vor kurzem ihre große Liebe, den Tetraplegiker Will, verloren hat.
„Ein ganz neues Leben“ ist die Fortsetzung des Romans „Ein ganzes halbes Jahr“, die genau dort an Lous Geschichte anknüpft, wo der Vorgängerband aufhört. Die Geschichte hat mich sofort in ihren Bann gezogen. Man ist gleich wieder mitten im Geschehen. Nach Wills Tod weiß Lou nicht mehr, wo ihr Platz in der Welt ist. Sie hat einen miesen Job, wohnt in einer kahlen Wohnung in einem unübersichtlichen Viertel Londons, trägt nur noch langweilige Klamotten und besucht eine Selbsthilfegruppe für Menschen, die eine wichtige Person verloren haben. Doch sie kommt sich heuchlerisch vor: Schließlich hat sie Will nur ein halbes Jahr gekannt.
In diesem Buch geht es jedoch nicht nur um Trauer. Lou staunt nicht schlecht, als die 15-jährige Lily vor ihrer Wohnung in London steht. Diese behauptet, Wills Tochter zu sein, und quartiert sich kurzerhand bei Louisa ein. Lily stellt Lous Leben komplett auf den Kopf und gibt ihm wieder einen neuen Inhalt. Außerdem entwickelt Louisa Gefühle für Sam, den Sanitäter, der sie in der Nacht, als sie vom Dach stürzte, gerettet hat und ihr seitdem immer wieder begegnet. Jedoch kommt sie sich dabei vor, als würde sie Will „betrügen“.
Jojo Moyes findet in ihrer Fortsetzung der Liebesgeschichte, die uns alle bewegt hat, wieder perfekt in die Atmosphäre des Buches hinein. Obwohl es „nur“ eine Fortsetzung ist, merkt man, dass die Autorin auch in diesen Band ihr Herzblut gesteckt hat. Wie kaum ein anderer Autor schafft sie den Spagat zwischen Tragik und Komik. Bereits „Ein ganzes halbes Jahr“ war ein Riesenerfolg, und meiner Meinung nach hat sich Moyes wieder einmal selbst übertroffen.
Die Charaktere wie Lou und ihre Familie sind mir bereits in „Ein ganzes halbes Jahr“ ans Herz gewachsen. Erfreulicherweise kommen auch fast alle wieder in „Ein ganz neues Leben“ vor. Außerdem gibt es einige neue Figuren, mit denen man mitfiebert, mitlacht, mitweint und einfach alles mitfühlt, was die Figuren in diesem Buch erleben.
Geht los und holt euch dieses wundervolle Buch – es lohnt sich wirklich!
Jojo Moyes: Ein ganz neues Leben, Rowohlt Verlag, 2015, 528 Seiten, 19,95 €; empfohlen ab 14 Jahren
Cassandra Fichtner (Q11)
Meggie ist 12 Jahre alt und lebt bei ihrem Vater Mo, der Buchbinder ist. Als dann in einer regnerischen Nacht ein Fremder namens Staubfinger auftaucht, verändert sich alles für Meggie. Sie reist zusammen mit ihrem Vater und Staubfinger zu ihrer Großtante Elinor, die sie anfangs nicht ausstehen kann. Das Mädchen merkt, dass etwas nicht stimmt, was mit einem Buch zu tun hat, das Mo bei Elinor verstecken will. Dann wird ihr Vater entführt. Für Meggie ist klar, dass sie ihn retten muss, und zwar mit Hilfe des Buches, hinter dem die Entführer eigentlich her sind. Gemeinsam mit Elinor führt Staubfinger Meggie in ein Bergdorf in Ligurien, das Hauptquartier von Capricorn. Doch dann stellt sich heraus, dass Staubfinger Meggie gar nicht helfen will, sondern im Auftrag von Capricorn gehandelt hat. Endlich erfährt sie, was es mit dem Buch Tintenherz auf sich hat und warum Mo entführt wurde. Ihr Vater hat die Gabe, Figuren aus Büchern „herauszulesen“. So kamen auch Staubfinger, Capricorn und seine Gefolgsleute in diese Welt, denn ursprünglich stammten sie aus dem Roman Tintenherz. Das einzige Ziel, dass Meggie, Mo und Elinor haben, ist aus dem Dorf zu verschwinden. Das ist allerdings nicht leicht, und als Meggie eine Spur ihrer Mutter findet, die seit Jahren verschwunden ist, wird alles noch komplizierter.
Das erste Buch der Trilogie ist eine unglaublich fesselnde Geschichte über die Macht der Worte und so spannend erzählt, dass man es einfach nicht aus der Hand legen kann. Cornelia Funke ist eine deutsche Kinder- und Jugendbuchautorin. Ihre Bücher erhielten zahlreiche Preise und wurden in 37 Sprachen übersetzt.
Cornelia Funke: Tintenherz, Oetinger Taschenbuch, 2010, 567 Seiten, 9,95 €; empfohlen ab 11 Jahren
Maria Baumer (Q11)
Der schüchterne und unbeliebte Bastian findet auf der Flucht vor hänselnden Mitschülern in einem Antiquariat ein Buch. Kurzerhand beschließt er, es mitzunehmen, und beginnt auf dem Dachboden der Schule darin zu lesen. Der Roman, der den Titel „Die unendliche Geschichte“ trägt, fesselt ihn immer mehr und er kann das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen. Darin geht es um Phantasien, eine erfundene Welt, die sich in Gefahr befindet, denn immer mehr Teile des Landes scheinen sich aufzulösen. Ein junger Held wird ausgesucht, um die Welt zu retten. Der Junge macht sich auf den Weg und sammelt Informationen an den unterschiedlichsten Orten. Als er schließlich die Ursache für die drohende Zerstörung des Traumlandes herausfindet, scheint es schon fast zu spät zu sein. Doch dann spielt Bastian in der „realen Welt“ eine wichtige Rolle für die Erhaltung von Phantasien, denn sein Wunsch, die Kreaturen und vor allem die kindliche Kaiserin, Phantasiens Oberhaupt, zu retten, wird immer größer.
Michael Endes 1979 erstmals erschienener und wunderbar geschriebener Fantasie-Roman ist für jedes Alter ein absoluter Lesespaß, denn die Landschaften und Personen sind sehr lebensecht und detailliert beschrieben. Man kann sich jeden Ort richtig gut vorstellen und entwickelt dabei Sympathien für, aber auch Abneigung gegen die einzelnen Charaktere. Der Name des Landes bezeichnet schon den Hintergrund: Es ist die Fantasie der Menschenkinder, die die Welt aufrechterhält. Nur wenn die Menschen noch träumen, kann Phantasien weiter bestehen. In vielen Szenen bleibt aber auch offen, wie die Geschichte weitergeht, und es bleibt genug Platz für die eigenen Gedanken des Lesers. So schafft es Ende, die Fantasie anzuregen, und Phantasien muss nicht sterben.
Auffällig sind in dem Buch auch noch die Kapitelanfänge, denn jeder Abschnitt beginnt mit einem neuen Buchstaben des Alphabets und pro Kapitel gibt es ein Bild, auf dem die Personen zu sehen sind. Alles in allem ist „Die unendliche Geschichte“ ein vielfältiger und sehr spannender Jugendroman, der Leser jeden Alters in seinen Bann zieht.
Michael Ende: Die unendliche Geschichte, Thienemann Verlag, 9. Auflage 2004, 480 Seiten, 19,99 €; empfohlen ab 10 Jahren
Rebecca Stüber (Q11)
Anna, die 17-jährige Protagonistin des Buches, befindet sich zusammen mit ihren Eltern im Italienurlaub, genauer gesagt in Venedig, der Stadt im Wasser. Natürlich entpuppt sich dort die Gondel als das gängige Verkehrsmittel, aber genau diese Begebenheit soll dem jungen Mädchen zum Verhängnis werden. Eines Nachmittags spaziert sie nämlich am Kai entlang und traut ihren Augen kaum. Normalerweise müssten alle Gondeln laut Verordnung schwarz sein, aber diese hier ist rot. Knallrot. Und ein alter, einäugiger Mann steht am Steuer und scheint ihr einen bedeutungs¬vollen Blick zuzuwerfen. Komisch das alles, doch am Abend denkt sie schon nicht mehr an den Alten mit seiner bizarren, roten Gondel. Als die Familie jedoch bald darauf die „Regata Storica“, das berühmte alljährliche Bootsrennen, an dem viele herausgeputzte und geschmückte Gondeln teilnehmen, begutachten wollen, läuft alles im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Ruder. Denn durch das Gedränge der Menschenmassen fällt Anna ins Wasser. Doch sie wird gerettet – von einem jungen Mann, der neben dem seltsamen Einäugigen steht und sie in seine rote Gondel zieht. Kaum hat sie sich für seinen Einsatz bedankt, wird alles schwarz vor ihren Augen. Und schon ist das Jahr 1499 um einen Einwohner reicher.
Schon bald wird klar, dass Anna in der frühen Neuzeit eine Aufgabe zu haben scheint, denn in der Vergangenheit treiben die Brüder, die Anna aus ihrer Zeit kennt, ihr Unwesen. Sie haben den Plan, die Vergangenheit so zu beeinflussen, dass sie ein erfülltes, reiches Leben haben, dabei jedoch die zukünftige Entwicklung der Stadt ins Verderben ziehen. Mit dem jungen Mann, der sie aus dem Wasser gerettet hat, kämpft sie für die Gerechtigkeit und die Zukunft von Venedig – und findet sogar ihre erste große Liebe.
Durch die Zeit reisen – das ist ein eher gängiges Faszinosum in der heutigen Jugendliteratur. Doch in Eva Völlers Roman „Zeitenzauber – Die magische Gondel“ bekommt die Idee neue, interessante und fesselnde Facetten. Zum Beispiel können Menschen aus der Zukunft nie etwas über ihre Herkunft oder den Fortschritt in ihrer eigentlichen Lebenszeit berichten, damit nichts aus dem Gleichgewicht gerät. Der eingebaute Sprachsensor verhindert das, indem er zum Beispiel das Wort „ I-Pod“ in „Spiegel“ umwandelt.
Eva Völler: Zeitenzauber - Die magische Gondel, Baumhaus Verlag, 2014, 333 Seiten, 7,99 €;empfohlen ab 13 Jahren
Franziska Kölbl (Q 11)
Bum, bum! - Das sind die Geräusche, die Miriams Leben für immer verändern werden. Niemand hätte Matias Staudt diesen Amoklauf zugetraut. Er war immer nur der Junge, der von allen gemobbt wurde und das einfach so hinnahm. Als die ersten Schüsse zu hören sind, bricht natürlich Panik aus. Überall flüchten die Leute in Sicherheit, auch Miriam und ihre beste Freundin Joanne schaffen es noch ins Jungsklo, um sich dort zu verstecken. Als nichts mehr zu hören ist, checkt sie kurz die Lage, aber das hätte sie nicht tun sollen. Sie sieht etwas, das sie niemals vergessen wird, und wird beinahe erschossen, weil sie unfähig ist, sich zu bewegen...
Miriam überlebt. Aber wäre es nicht besser gewesen, wenn sie gestorben wäre? Nun gilt es nämlich, im Alltag klarzukommen, doch das scheint fast unmöglich. Ihre Eltern zwingen sie zu Dingen, die sie eigentlich nicht machen möchte. Sie träumt oft von diesem schrecklichen Ereignis, aber natürlich muss sie in die Schule gehen und so tun, als wäre alles wie immer. Miriam möchte doch nur Ruhe und alles vergessen! Aber vielleicht passiert bei so viel Schlechtem auch etwas Gutes?
Dieses Buch ist eine Liebeserklärung an das Leben. Auch wenn nicht immer alles so läuft, wie wir es gerne hätten, gibt es doch noch Momente, in denen alles einfach perfekt ist.
Anna Seidl: Es wird keine Helden geben, Oetinger-Verlag, 2014, 252 Seiten, 14,95 €; empfohlen ab 14 Jahren
Theresa Bolkart (Q11)
Laut den Erwachsenen lebt Joshua, ein 13-jähriger Israeli, zusammen mit seinem Stiefvater und seiner Mutter auf der richtigen Seite der Mauer. Die Mauer ist nämlich der Schutz vor den rachsüchtigen und feindlichen Palästinensern, die auf der anderen Seite nur darauf lauern, alle jüdischen Siedler umzubringen. Das behaupten zumindest die meisten in der ummauerten Stadt Amarias. Doch Joshua ist davon nicht ganz so überzeugt, denn er kann sich noch dunkel an eine Zeit ohne Mauer erinnern. Als er eines Tages durch einen Zufall einen geheimen Tunnel zu der anderen Seite entdeckt, siegt seine Neugier. Doch als er auf der anderen Seite ankommt, erwartet ihn ein ganz anders Bild, als er gedacht hätte. Zwar wird er erst aus lauter Hass verfolgt, aber dann schließlich von einem palästinensischen Mädchen gerettet. Joshua erkennt die große Not, in der die Palästinenser leben, und versucht zu helfen, wo er kann. Nach und nach löst sich sein „Schwarz-Weiß-Denken“ auf und er fängt an, die brutale Vorgehensweise seines Volkes zu hassen und nur auf seine Gefühle und sein Denken zu vertrauen, bis er schließlich erkennt, dass seine richtige, menschliche Seite nicht auf der Seite der Israelis ist und sein Weg von Amarias und seinem verhassten Stiefvater, aber auch seiner Mutter wegführt.
Der Konflikt Palästina-Israel ist präsenter denn je. Immer wieder hört man davon in den Nachrichten. Sutcliffe versucht in diesem Buch, die „Schwarz-Weiß-Malerei“ aufzulösen und Verständnis für das Verhalten beider Seiten zu wecken. Dabei bezieht er auch ganz klar Stellung, fordert aber trotzdem seine Leser auf, keine Vorurteile zu haben, sondern skeptisch zu sein. Das Buch ist auf jeden Fall gelungen und wegen seiner kurzen Kapitel angenehm zu lesen, auch der Schreibstil ist einfach und gut verständlich. Und obwohl das Buch eine sehr komplexe Thematik aufgreift, bleibt der Autor realistisch und beschönigt nichts. Daher würde ich das Buch jedem empfehlen, der gerne einmal etwas zu diesem Thema lesen möchte. Aber jeder sei vorgewarnt: manche Konflikte kann man nicht mit einem „Happy End“ lösen.
„Auf der richtigen Seite“ ist das erste Jugendbuch des englischen Autors William Sutcliffe und wurde unter anderem für den Jugendliteraturpreis 2015 nominiert. Bekannt wurde der Autor durch seinen Bestsellerroman „Meine Freundin, der Guru und ich“.
William Sutcliffe: Auf der richtigen Seite, Rowohlt Rotfuchs Verlag, 2014, 346 Seiten, 16,99 €; empfohlen ab 13 Jahren
Anica Specht (Q 11)
Wer lügt, den holen die Wölfe
Die beiden Jungen Achim und Karl stehen vor einem Rätsel, denn Maria, die in deren altem Kinderheim arbeitet, liegt nur noch im Bett und es scheint, als würde sie durch alle hindurchsehen. Natürlich wollen Achim und Karl ihrer Freundin helfen und so begeben sie sich in den wilden Garten und schlüpfen durch ein Tor in die Vergangenheit. Aber dort warten nur noch mehr seltsame Dinge auf sie...
Die Jungs entdecken, dass es auch hier das Kinderheim gibt, doch es ist dort irgendwie anders, denn alle müssen für die „hohen Herren" trainieren. Und nicht nur das: In der Nacht lauern die Wölfe, um diejenigen zu holen, die nicht gehorchen. Doch was hat das alles mit Maria zu tun? Und wie kommen sie wieder in ihre Zeit zurück? Alles scheint wie ein Traum ...
Antonia Michaelis hat ja schon viele Bücher geschrieben, aber dieses ist meiner Meinung nach eines der besten. Es hat wirklich alles, was ein gutes Buch braucht: eine packende Story, tolle Charaktere und natürlich das gewisse Etwas, das uns davon abhält, das Buch auch nur eine Minute aus der Hand zu legen. „Wolfsgarten" ist sehr zu empfehlen für alle, die auf spannende Geschichten mit Wundern und Geheimnissen stehen (natürlich auch für Jungs) und bei diesem Preis kann man sich das auch locker von seinem Taschengeld kaufen.
Antonia Michaelis: Wolfsgarten, Fischer-Verlag, 2013 , 319 Seiten, 7,99 €; empfohlen ab 11 Jahren
Theresa Bolkart (Q 11)
Von einem Leben „in einer Schachtel“ kann Joseph, ein 14-jähriger, eher schüchterner, aber zeichnerisch sehr begabter Junge ein Lied singen. Weil er sich in der Nähe von Erwachsenen immer unwohl fühlt und auch sonst zurückhaltend ist, wird er oft von anderen, selbst von Erwachsenen, als Hasenfuß abgestempelt. Als Caroline Leyton, Josephs Nachbarin, ihm anbietet, er solle ihren Bruder für ein Kunstprojekt porträtieren, ist sich Joseph anfangs sehr unsicher. Um den Bruder Tom kursieren die wildesten und schrecklichsten Gerüchte, da er seit 30 Jahren völlig zurückgezogen lebt. Doch Joseph entscheidet sich dafür, allein schon um zu beweisen, dass er kein Hasenfuß ist. Mit einem mulmigen Gefühl geht er zum ersten Treffen. Aber nachdem er die ersten Skizzen von seinem Nachbarn angefertigt hat, muss Joseph feststellen, dass seine Zeichnungen leblos wirken. Und er merkt, dass er Tom Leyton besser kennenlernen muss, um ihn treffender zeichnen zu können. Nach und nach entsteht eine Freundschaft zwischen den beiden und Joseph kommt Stück für Stück dahinter, warum Tom Leyton so zurückgezogen lebt. Erst durch diese besondere Freundschaft lernt Joseph genau hinzusehen, geduldig zu sein, zuzuhören und nicht auf den ersten Blick, aufgrund erster Eindrücke, Gerüchte oder Vorurteile zu werten, ja das eigene „Schachteldenken“ abzulegen.
Schnell werden Floskeln wie „absolut lesenswert“ in Kritiken benutzt, doch bei diesem Buch kann man diese Auszeichnung guten Gewissens verwenden. Bauer schafft es durch seinen mitreißenden und gefühlvollen Schreibstil, die Spannung bis zum Schluss aufrechtzuerhalten. Er fordert jeden seiner Leser auf, persönliche Maßstäbe und Vorurteile zu hinterfragen und „Schachteldenken“ abzulegen. Trotz des ernsthaften und schwierigen Themas schafft es der Autor, die Geschichte mit einer gewissen Leichtigkeit zu erzählen. Ein rundum spannendes und berührendes Buch!
„Running Man“ ist der Debütroman des australischen Autors Michael Gerard Bauer, der vor allem durch seine „Ismael“-Reihe bekannt wurde. Das Buch wurde unter anderem auch 2008 für den deutschen Jugendliteraturpreis nominiert.
Michael Gerard Bauer: Running Man, dtv Reihe Hanser, 7. Auflage 2015, 304 Seiten, 8,95 €; ; empfohlen ab 12 Jahren
Anica Specht (Q11)
Die 17-jährigen Krebspatienten Hazel und Gus machen sich nichts vor: Sie wissen, dass es für sie wegen ihrer Krankheit kein Happy End gibt, dass sie wie tickende Zeitbomben sind. Und eines Tages werden sie hochgehen und alles und jeden in ihrem Umfeld mit sich reißen. Die beiden desillusionierten Teenager lernen sich in einer Selbsthilfegruppe für Krebskranke kennen, wo Gus Hazel mit seinem frechen Charme und Hazel Gus umgekehrt mit ihrer ganz eigenen, direkten Art sofort verzaubert. Sehr bald verbringen sie mehr und mehr Zeit miteinander, und aus der engen Freundschaft und starken Anziehungskraft, die zwischen den beiden herrscht, wird schließlich Liebe. Als Gus Hazels größten Wunsch erfüllt und mit ihr eine romantische Reise nach Amsterdam antritt, um den zurückgezogen lebenden Autor ihres Lieblingsbuchs zu treffen und Antworten auf einige ihrer brennendsten Fragen zu seinem Buch und auch zum Leben zu bekommen, scheint das Glück perfekt. Doch dann schlägt überraschend und vollkommen unerwartet das Schicksal zu.
Wortgewandt und unglaublich humorvoll wie immer erzählt John Green von Liebe, Schicksal, Trauer und Verlust. So liest sich dieses wundervolle, herzerwärmende, zutiefst bewegende Buch mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Macht euch bereit, in euren Tränen zu ertrinken, jedoch nicht nur Tränen der Trauer, sondern auch der Freude!
John Green, geboren 1977, studierte Englische Literatur und Vergleichende Religionswissenschaft. Für seine Jugendromane wurde er vielfach ausgezeichnet. Mit seiner Frau und seinen beiden Kindern lebt er in Indianapolis, Indiana.
John Green: Das Schicksal ist ein mieser Verräter, Deutscher Taschenbuchverlag, 2012, 335 Seiten, 9,95 €; empfohlen ab 14 Jahren
Und das Beste ist: Wer mag, kann das Buch auch gleich im Original lesen und auf diese Weise ganz nebenher sein Englisch verbessern, denn Ihr findet auch „The fault in our stars“ zum Ausleihen in unserer Bibliothek.
Christina Weiß (Q11)
„Mittlerweile hatte er es verstanden: Entscheidungen wurden innerhalb weniger Sekunden getroffen, und in der übrigen Zeit schlug man sich mit den Folgen herum.“ („Die Einsamkeit der Primzahlen“ von Paolo Giordano, 45. Kapitel)
Es war eine einzige Entscheidung, die Mattia in seiner Kindheit gefällt, die dann aber sein ganzes Leben geprägt hatte. Als der damals 8-Jährige und seine autistische Schwester Michaela endlich zu der Geburtstagsfeier eines Klassenkameraden eingeladen werden, überkommt Mattia die Angst, sich wieder einmal für Michaela schämen zu müssen und dem Spott der anderen ausgesetzt zu sein.
Er fasst den Entschluss, sie einfach für ein paar Stunden auf einer Bank im Park zurückzulassen und sie danach wieder abzuholen. Doch als er zurückkommt, ist sie nicht mehr da. Verzweifelt ruft und sucht Mattia nach seiner Schwester, doch sie ist und bleibt verschwunden. Um seinen Schmerz und die unerträglichen Schuldgefühle zu lindern, hebt er eine Glasscherbe auf und sticht sich damit in die Hand. Das Blut, das herausfließt, tröstet ihn für eine kurze Zeit und es ist seine Art, mit dem Verlust des kleinen Mädchens umzugehen.
Auch Alice ist von einem traumatischen Erlebnis gezeichnet. Sie verliert an nur einem Tag ihre Unbeschwertheit und ihr ganzes Vertrauen in ihren Vater. Denn dieser drängt sie zu einem Skikurs, zu dem sie eigentlich überhaupt keine Lust hat, und als sie ganz alleine den Abhang hinunterfahren muss, da sie die anderen verloren hat, stürzt sie schwer und muss für den Rest ihres Lebens mit einem gelähmten Bein leben. Für Alice ist der einzige Weg, ihre Einsamkeit und Traurigkeit zu bewältigen, nichts mehr zu essen und ihren Körper so „verdorren“ zu lassen.
Auf dem Gymnasium lernen sich die beiden kennen und sind sofort – gerade durch ihre Traumata - voneinander angezogen. Es entwickelt sich eine enge Freundschaft zwischen ihnen, die auch nach dem Abschluss der Schule noch anhält. Erst als Mattia zum Studieren weggeht, lernen sie, ohne den anderen zu leben. Während Alice einen anderen Mann heiratet, wird Mattia ein erfolgreicher Dozent.
Erst nach vielen Jahren voller Leid und immer noch ohne Patentrezepte, mit diesem umzugehen, treffen sich die abgemagerte Alice und Mattia, dessen Hände durchzogen sind von Narben, wieder und es wird deutlich, dass sie vor eine Entscheidung gestellt sind. „Zum Teufel nochmal, was für ein großartiger Schriftsteller!“, steht auf der Rückseite des Romans „Die Einsamkeit der Primzahlen“ geschrieben und trifft zu 100 Prozent zu. Bereits auf den ersten Seiten schafft es Giordano, den Leser in seinen Bann zu ziehen. Es ist jedoch nicht die Handlung, die einen dazu bringt, das Buch nicht mehr zur Seite zu legen, denn besonders viel passiert in diesem Werk nicht, es ist vielmehr die Art und Weise, wie der Autor die so schmerzvollen Leben der beiden Protagonisten darstellt und ihre Gefühle, Leiden und Gedanken dem Leser vermittelt.
Auch die schwierigen Themen Magersucht und Selbstverletzung behandelt er mitfühlend, ohne zu dick aufzutragen. Meine anfängliche Euphorie nahm jedoch stark ab, da das Ende des Buches zwar absichtlich nicht dem klassischem Happy End entspricht, den Leser aber meiner Meinung nach mit zu vielen Fragen und in einer zu traurigen Verfassung sich selbst überlässt.
Paolo Giordano: Die Einsamkeit der Primzahlen, Heyne Verlag, 2010, 368 Seiten, 9,99 €, empfohlen ab 14 Jahren
Elisa Sepp (Q11)
Was für ein Mensch willst du sein? Ein Mensch, der andere ermordet, um selbst zu überleben? Ein Mensch, der um der Gerechtigkeit willen tötet? Ein Mensch, der als Held stirbt? Oder ein Mensch, der sich – aus Angst, getötet zu werden – ungerechten Regeln unterwirft? All diese Fragen stellt sich das fünfzehnjährige jüdische Mädchen Mira, als sie im harten Ghettoalltag um das eigene Überleben und das ihrer Familie und Freunde kämpft. Sie schmuggelt Essen, um ihre kleine Schwester am Leben zu halten. Sie muss mit ansehen, wie sich ihr Vater aus dem Fenster stürzt, Selbstmord begeht, aus tiefer Verzweiflung. Doch Mira sieht Hoffnung, das Elixier des Überlebens.
„28 Tage lang“ von David Safier ist wieder einmal ein Buch über den sehr beliebten Themenkomplex „Angst und Schrecken des Zweiten Weltkriegs/Hitler“. Ein Thema, das geradezu dazu anregt, aus der Sicht der am härtesten Betroffenen zu schreiben: der Juden. Doch trotz dem eher nach "mainstream" klingenden Thema wirft das Buch neue Fragen auf. Was würdest du tun, würde dich ein SS-Soldat dazu auffordern, deine Kameraden zu töten, um selbst am Leben zu bleiben? Ein weites Feld der Dilemmas tut sich plötzlich auf. Und die Frage, was richtig und was falsch ist, kann nicht klar beantwortet werden. Genau deshalb ist das Buch nicht nur für Geschichtsfreaks zu empfehlen, weil jeder sich selbst in diesem Mädchen sehen kann. Weil jeder manchmal nicht weiß, wie er mit einer bestimmten Situation im Leben umgehen soll.
David Safier: 28 Tage lang, ausgezeichnet mit dem Buxtehuder Bullen als bestes Jugendbuch des Jahres, rororo rotfuchs, 2015, 402 Seiten, 9,99 €, empfohlen ab 14 Jahren
Franziska Kölbl (Q 11)
Rassismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!
Jean Lousie Finch – genannt Scout –, die Hauptperson des Buches „Wer die Nachtigall stört“ erzählt aus der Ich-Perspektive die Geschichte ihrer Kindheit in den 30er Jahren in Maycomb County. Der erste Teil des Romans handelt von den kindlichen Abenteuern Scouts, ihrem Bruder Jem und deren Freund Dill. Mit der Begeisterung einer Siebenjährigen beschreibt sie, wie die drei Pläne schmieden, um ihren menschenscheuen Nachbarn Boo Radly aus dem Haus zu locken oder selbst¬erfundene Theaterstücke zu spielen. Sie geht wie die meisten Kinder nicht gerne in die Schule und wehrt sich gegen die Versuche ihrer Tante, eine Dame aus ihr zu machen. Doch dann fällt ein dunkler Schatten auf das unbeschwerte Leben der Kinder. Ihr Vater Atticus Finch übernimmt als Rechtsanwalt die Verteidigung eines Schwarzen vor Gericht. Das ist das erste Mal, dass Scout und ihr Bruder mit der unschönen Realität in Kontakt kommen, denn sie müssen den Spott der anderen in der Schule über sich ergehen lassen, da ihr Vater als „Niggerfreund“ beschimpft und von einem Großteil der Stadt verachtet wird. Bald merken die Kinder, wie ungerecht und grausam die Welt sein kann, und besonders Jem ist darüber entsetzt. Der Ankläger Bob Ewell schwört, sich an Atticus zu rächen, weil er seinen Mandanten vor Gericht so beharrlich verteidigt und auf seiner Unschuld bestanden hat. Doch wie sich herausstellt, ist nicht nur ihr Vater in Gefahr. Durch die Augen der jungen Erzählerin bietet sich dem Leser ein besonderer Blick auf die Ereignisse der Kleinstadt im Süden der USA. In ihrer kindlichen Unschuld sieht Scout klarer und versteht nicht, warum viele Leute denken, dass Menschen nur wegen ihrer Hautfarbe weniger Wert seien. Das Thema Rassismus war nicht nur vor 50 Jahren aktuell, als das Buch erschien. Gerade in der heutigen Zeit ist es von Wichtigkeit, da immer wieder afroamerikani-sche US-Bürger erschossen werden. Aber auch in Deutschland wird Rassenhass wieder zum Problem, da viele Flüchtlinge zu uns kommen und Organisationen wie Pegida Fremdenfeindlichkeit verbreiten.
Harper Lee veröffentlichte nach „Wer die Nachtigall stört“ 50 Jahre lang kein Buch, bis 2015 „Gehe hin, stelle einen Wächter“ erschien, sozusagen der Vorgängerband zu ihrem Erfolgsbuch, das sie schon im Jahre 1957 geschrieben, der Verlag aber damals abgelehnt hatte. Nachdem das Manuskript jahrzehntelang als verschollen galt, wurde dieses Werk nun wieder gefunden und veröffentlicht. 1961 erhielt Harper Lee den Pulitzer-Preis für „Wer die Nachtigall stört“.
Harper Lee: Wer die Nachtigall stört, Rowohlt Verlag, 1960 erstmals erschienen, Neuauflage 2015, 464 Seiten, 19,95 €; empfohlen ab 14 Jahren
Maria Baumer (Q 11)
Jugendliche, die Mutter oder Vater vermissen und suchen ... diese Problematik wird in vielen Büchern thematisiert. Dieses Buch handelt aber von dem verzweifelten Bemühen der 16-jährigen Rachel, ihren 18-jährigen Bruder Micah zu finden. Seit zwei Monaten wird er vermisst und niemand weiß, wo er sich aufhält. Außerdem hat er seit längerer Zeit ein Drogenproblem, doch Rachel hat das nicht ernst genommen und auch die Eltern wissen nichts davon. Als Rachel zwei Monate nach Micahs Verschwinden eine anonyme E-Mail erhält, macht sie sich schließlich mit Tyler, Micahs bestem Freund, auf und es beginnt eine lange und anstrengende Suche, zunächst in Ocean Beach, denn der unbekannte E-Mail-Schreiber hat ihr Micahs Aufenthaltsort mitgeteilt. Rachel und Tyler begegnen unterwegs vielen interessanten, aber auch irgendwie merkwürdigen Personen, die alle verschiedene Probleme haben. Schon nach einem Tag in der Stadt und verschiedenen eigenen Schwierigkeiten, wie zum Beispiel einem Autodiebstahl, merkt Rachel, wie sich ihre Weltanschauung ändert, und ihr wird bewusst, dass nicht immer alles nach Plan laufen kann. Aber bis zum letzten Kapitel bleibt die große Frage offen: Wird der vermisste Bruder gefunden?
Der jungen Autorin Carrie Arcos gelingt es hervorragend, verschiedene Aspekte der Drogenproblematik aus unterschiedlichen Sichtweisen (Sicht eines Drogenabhängigen, eines ehemaligen Drogenabhängigen, eines Drogenverkäufers und einer „Nicht-Betroffenen“) zu beleuchten und in eine spannende und mitreißende Geschichte zu verpacken. Durch die Ich-Perspektive werden die Gefühle, Ängste und Hoffnungen der Protagonistin gut fassbar und man kann dem Verlauf der Handlung leicht folgen. Außerdem kann man sich gut mit Rachel identifizieren, da sie nachvollziehbar handelt und auch oft ihre Gefühle zeigt. Trotz des recht zähen Mittelteils des Buches, in dem Tyler und Rachel verloren durch die Stadt irren, kann man das Buch flüssig in einem Zug durchlesen.
Der Roman ist besonders für Jugendliche geeignet, die Bücher mit Emotionen mögen, denn hier hat man fast alle Gefühle vereint (Wut, Verzweiflung, Liebe, Hoffnung, Enttäuschung, Trauer ...!)
Carrie Arcos lebt mit ihrer Familie in Los Angeles und arbeitet als Dozentin an der Universität. „Letzte Ausfahrt Ocean Beach“ ist ihr erster Roman für Jugendliche.
Carrie Arcos: Letzte Ausfahrt Ocean Beach, Deutscher Taschenbuchverlag Pocket Edition, 2015, 250 Seiten, 8,95 €; empfohlen ab 14 Jahren
Rebecca Stüber (Q11)
Völlig losgelöst
Wenn man neu auf eine Schule oder in eine andere Klasse kommt, hat man meist zwei Möglichkeiten, sich zu verhalten. Man kann sich anpassen und „normal“ oder aber anders als die anderen sein. Barnaby Brocket hat diese Wahl nicht. Seit seiner Geburt kann er schweben, muss schweben! Seine Eltern halten diese Angewohnheit für falsch und unpassend für ihre vollkommen normale Familie. Nach einem „Unfall“ bricht der inzwischen 8-jährige Junge zu einer außergewöhnlichen Reise durch die Welt auf. Er schwebt von Sydney nach Brasilien, über New York nach Toronto, Irland, Afrika und sogar in den Weltraum und wieder zurück nach Sydney. Überall trifft Barnaby neue „unnormale“ Freunde und hilft ihnen zu verstehen, warum es gut ist, nicht immer den Erwartungen der Familie und der Gesellschaft zu entsprechen.
Barnabys zauberhafte Geschichte erzählt von einem Jungen, der eigentlich nur normal sein möchte, aber auf seiner langen Reise merkt, wie schön es ist, nicht in der Menge unterzugehen. Die Geschichte ermöglicht auf wunderbare Weise, die Spannung des Andersseins zu entdecken.
John Boyne: Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket, Fischer KJB, 281 Seiten, 7,99 €; empfohlen ab 10 Jahren
Charlotte Polansky(Q11)
Der 91-jährige Ira Levinson fährt mit seinem Auto gegen eine Leitplanke. Lebensgefährlich verletzt liegt er einsam und hilflos auf der Straße. Dabei erinnert er sich an die schönen Tage, die er mit seiner verstorbenen Frau Ruth verbracht hat, und bildet sich ein, dass sie neben ihm sitzt, wodurch er Kraft bekommt und versucht, sich am Leben zu halten.
Parallel dazu verläuft die Liebesgeschichte zwischen Sophia und Luke. Sophia ist eine Geschichtsstudentin, die sich auch sehr für Kunst interessiert, Luke dagegen führt als Bullenreiter ein riskantes Leben, was Sophia nicht sehr gefällt und sogar Angst macht. Aufgrund dieser Unterschiede versteht sich das Paar nicht so gut. Sie wissen nicht, wie sie ihre Beziehung weiterführen sollen, und wollen sich trotz der großen Liebe trennen, bis sie an einem Tag wegfahren und auf dem Weg zufällig den Rentner Ira an seiner Unfallstelle sehen und ihm helfen. Denn als Sophia das Leben von Ira und Ruth kennenlernt, schöpft sie neue Hoffnung, da ihre Liebe der Lukes und Sophias ähnelt. Wird Ira es schaffen, den Tod zu überwinden, und wird die Liebe die Unterschiede zwischen Luke und Sophia unbedeutend erscheinen lassen? – Diese Fragen begleiten den Leser durch den Roman und lassen ihn immer weiterlesen. Auch durch die Parallelen zwischen den beiden Paargeschichten gelingt es Sparks, die Spannung zu steigern, sodass man das Buch nicht weglegen kann. Außerdem ist es auch großartig, dass es um zwei unterschiedliche Generationen geht. Denn dadurch kann man sich in Angehörige verschiedener Altersgruppen hineinversetzen und erkennen, wie anders sie das Leben sehen.
Sparks’ Stil ist wie in seinen anderen Werken ziemlich einfach, jedoch fesselnd. Da der Roman eine faszinierende Liebesgeschichte erzählt, bietet er sich eigentlich für jede Altersgruppe an, jedoch ist das Buch vor allem für (weibliche?) Jugendliche ab 12 Jahren empfehlenswert. Fans von Liebesgeschichten und Dramen werden das Buch mit Genuss lesen.
Nicholas Sparks: Kein Ort ohne dich, Heyne Verlag, Tb 2015, 536 Seiten, 9,99 €; empfohlen ab 12 Jahren
Emine Akbaba (Q11)
Was würdest du tun, wenn du eines Tages merkst, dass du eine ganz besondere Gabe hast? Genau das passiert Charlie Bone, einem Jungen, der mit seiner Mutter, seinen zwei Großmüttern und einem Großonkel in einem völlig normalen Haus wohnt und dessen beste Freunde sein Nachbar Benjamin und dessen Hund Runnerbean sind. Von einem Moment auf den anderen kann der Zehnjährige etwas, was niemand sonst zu können scheint. Er ist in der Lage, sich mit den Personen in Gemälden und Photographien zu unterhalten. Als seine Großmutter Bone und deren drei Schwestern von seiner Fähigkeit erfahren, sind sie hellauf begeistert und wollen ihn sofort auf die berühmte Bloor-Akademie schicken. In diesem düsteren Internat, in dem die musisch, die schauspielerisch und die künstlerisch talentierten Kinder besonders gefördert werden, lernt der junge Charlie noch andere Kinder mit besonderen Gaben kennen. Außerdem erfährt er von der mysteriösen Geschichte des Roten Königs und kommt einem gefährlichen Geheimnis um ein verschwundenes Mädchen auf die Spur.
Dieser erste Teil der „Charlie Bone“-Reihe ist ein spannender und mitreißender Auftakt und fesselt schon von der ersten Seite an. Trotz dem großen Umfang lohnt es sich, bis zum Ende des Buches durchzuhalten. Und auch jeder weitere Teil der Reihe ist überaus lesenwert.
Jenny Nimmo: Charlie Bone und das Geheimnis der sprechenden Bilder, Ravensburger Buchverlag, 9. Aufl. 2007, 351 Seiten, 7,95 €; empfohlen ab 13 Jahren
Charlotte Polansky (Q11)
In einer völlig verwahrlosten Gegend, nackt und ohne jegliche Erinnerung an ihr Vorleben wachen sieben Jugendliche auf. Niemand kennt den anderen, sie haben nur einen Rucksack mit Überlebensmaterial und eine merkwürdige Botschaft, die ihnen mitteilt, dass die prärieähnliche Landschaft ein Labyrinth ist. Sie ist nur eine von sechs Welten, die man überleben muss. Aber es tauchen viele Probleme und Hindernisse auf. Am Ende jeder Welt gibt es jeweils ein Durchgangstor weniger, als es Mitstreiter sind. Pro Landschaft muss also eine Person zurückgelassen werden. Auf dem Weg in die nächste Welt werden die Kinder von schrecklichen Kreaturen verfolgt, die sie psychisch fertigmachen wollen. In der heißen Gegend beginnen sich Illusionen und Wahnvorstellungen zu bilden. Darüber hinaus müssen sie auch noch mit Hunger und Durst kämpfen. Außerdem läuft die Uhr: Nicht mehr als 72 Stunden haben die Jugendlichen bis zum Erreichen der Tore. So entsteht ein verzweifelter Kampf um Freundschaft, Liebe, Misstrauen und Verrat.
Der erste Teil der Labyrinth-Trilogie wirft viele Fragen auf. Der Leser wird plötzlich ohne Vorwissen oder andere Informationen in eine ungewohnte Umgebung geworfen. Man fühlt sich wie die Protagonisten, die ebenfalls keine Antworten auf die vielen Fragen und Rätsel haben. Deswegen kann man sich gut in die Jugendlichen hineinversetzen und fiebert mit ihnen mit. Vor allem aber fällt das Buch durch seine Perspektivwechsel auf. Alle paar Seiten ändert sich die Sichtweise, denn alle Charaktere denken unterschiedlich. Wie in vielen anderen Büchern gibt es auch hier die typischen Rollen: die Schwache, der mutige und unglaublich fürsorgliche Held oder der Einzelkämpfer, der nicht für das Wohl der Gruppe einsteht. Bis zum Ende der Trilogie weiß man aber nicht, wer welche Position vertritt und wer nur vorgibt, ein bestimmter Typ zu sein.
Alles in allem ist der erste Teil ein hochspannender Auftakt, den man fast nicht mehr aus der Hand legen kann!
Rainer Wekwerth: Das Labyrinth erwacht, Arena-Taschenbuch, 2015, 407 Seiten, 6,66 € als limitierte Sonderausgabe; empfohlen ab 13 Jahren
Rebecca Stüber (Q11)
Jackson Opus ist ein außergewöhnlicher Junge. Er hat die Fähigkeit, Menschen mit seinen zweifarbigen Augen zu hypnotisieren, sie dazu zu bringen, das zu tun, was immer er will.
Kurz nach der Entdeckung seiner Fähigkeiten nimmt ihn ein geheimnisvolles Institut namens Sentia auf und gibt vor, ihn auf seinem Spezialgebiet fördern zu wollen, doch Doktor Mako, der leitende Oberhypnotiseur, scheint in ihm eine Art Joker zu sehen und experimentiert mit Jacksons Fähigkeiten herum, was das Zeug hält. Und dann trifft er auch noch auf einen trotteligen Opa im karierten Hemd, der sich als Axel Hirnbaum, Präsident der Sandmann Gilde, vorstellt und ihn irgendwoher zu kennen scheint. Jackson hat den Verdacht, dass irgendjemand in seinem Umfeld gewaltig Dreck am Stecken haben muss, denn ihm kommen die Begegnung mit dem alten Mann und auch die Abneigung eines Mithypnotiseurs aus dem Sentia-Institut gegen seine Person irgendwie komisch vor. Irgendwie muss er es schaffen, die Wahrheit in dem komplexen Feld an Lügen zu entdecken, um eine klare Sicht auf die Dinge zu bekommen.
Gordon Korman reißt einen sofort in einen Strudel undurchsichtiger Ereignisse, der einen die eigene Hand vor Augen nicht mehr erkennen lässt. Auch die Fähigkeit der Hypnose trägt natürlich stark zur Spannung bei, da diese Eigenschaft das „Gewürz“ der Geschichte ist und im Laufe des Buches viele neue Seiten aufweist, was die komplette Situation immer wieder neu aufrollt. Selbst am Ende werden diese verworrenen Strukturen aber nicht gänzlich mit Licht durchflutet, denn es gibt auch noch einen zweiten Teil des spannenden Abenteuers von Jackson Opus mit dem verheißungsvollen Titel: „Im Labyrinth der Erinnerung“, in dem voraussichtlich alles aufgeklärt wird. Insgesamt ist „Jackson Opus - Im Bann des magischen Auges“ ein Buch für Leute, die komplexe Geschichten mit unerwarteten Wendungen mögen.
Gordon Korman: Jackson Opus – Im Bann des magischen Auges, cbj-Verlag, 2015, 320 Seiten, 9,99 €; empfohlen ab 10 Jahren
Franziska Kölbl (Q 11)
Nach der Rückreise nach Twinford erleben Sabine und Brent Redfort sehr seltsame Dinge. Als Erstes verschwindet im Flughafen ihr Gepäck und am folgenden Tag sind ihre Möbel und ihre Haushälterin Mrs Digby auch weg. Das Ehepaar Redfort ist sehr wohlhabend und wohnt in Twinford. Sie haben eine Tochter, namens Ruby, die 13 Jahre alt, aber hochbegabt ist. Sie ist nämlich ein Genie, denn ihr wurde schon als Grundschülerin ein Platz an der Harvard Universität angeboten, den sie jedoch ablehnte.
Nach dem Verschwinden von Mrs Digby stellt die Familie den Butler Hitch ein, der sehr merkwürdig erscheint. Aufgrund dieser Geschehnisse beginnen Ruby und ihr bester Freund Clancey dem Geheimnis nachzuspüren, was sie am Ende zum Hauptsitz des Geheimdienstes führt. Dort erhält Ruby nach einer gesundheitlichen Untersuchung eine Stelle als Geheimagentin. Ihre Aufgaben bestehen darin, Codes zu knacken und Nachrichten zu entschlüsseln.
Der Geheimdienst hegt einen Verdacht bezüglich eines Banküberfalls einer kriminellen Bande, über die Rubys Vorgängerin Lopez eine Menge herausgefunden hatte, die sie jedoch aufgrund ihres Todes nicht überführen konnte. Ruby wird beauftragt, diese Tat mit Hilfe von Lopez’ Informationen zu ermitteln. Da ihr dies zu einfach und langweilig erscheint, beschließt sie, Daten der Räuberbande auf eigenem Weg zu finden, was sie in Lebensgefahr bringt.
Durch die seltsamen und geheimen Erlebnisse baut Lauren Child Spannung auf, sodass man neugierig auf das Folgende wird und das Buch nicht mehr weglegen kann. Auch kann man sich gut in Ruby versetzen, obwohl ihr Leben ziemlich unrealistisch ist, was aber den Leser in eine Fantasiewelt führt und somit Spaß erzeugt.
Der Ablauf der Geschichte macht den Roman leicht lesbar, was durch den unkomplizierten Schreibstil verstärkt wird. Das Buch eignet sich vor allem für Unterstufenschüler, die gerne Detektivgeschichten und mysteriöse Romane lesen. Auch Fans von Fantasiegeschichten werden Freude beim Lesen dieser unrealistischen Geschichte haben.
Lauren Child: Ruby Redfort – Gefährlicher als Gold, Fischer Verlag, Tb 2015, 448 Seiten, 9,99 €; empfohlen ab 10 Jahren
Emine Akbaba (Q11)
„Sieh, das ist Liebe, himmelwärts zu fliegen, in jedem Nu die Schleier zu besiegen, im ersten ganz den Atem anzuhalten, im letzten dann den Fuß zurückzuhalten“, heißt es auf der ersten Seite des Buches und ist eins der Lieblingszitate der jungen Protagonistin Fatima. Ihre große Liebe ist Sandkastenfreund Samiullah, genannt Sami, der unerwartet früh von der Universität zurückgekehrt ist. Die beiden könnten das perfekte Pärchen sein – würden sie nicht zwei unterschiedlichen Volksgruppen angehören.
Atia Abawis Debütroman spielt nämlich in Afghanistan, und dort ist es für eine Hazara (Fatima) und einen Paschtunen (Sami) praktisch unmöglich, sich auf eine Beziehung miteinander einzulassen. Deswegen können sie sich nur heimlich treffen. Doch Samiullahs Cousin Rashid, der sich, seit er die Koranschule besucht hat, einer islamistischen Miliz angeschlossen hat und streng nach deren Regeln lebt, macht den beiden jungen Liebenden einen Strich durch die Rechnung. Er verbietet ihnen, sich weiterhin zu treffen. Auch Fatimas Mutter stellt hohe Ansprüche an ihre Tochter. Seit sie die Sache mit Samiullah herausgefunden hat, befürchtet sie, dass Fatima Schande über sich selbst und die Familie bringt. Sie möchte sie mit einem anderen, erwachsenen Mann, der gleichzeitig der Vater ihrer besten Freundin ist, verheiraten, um damit ihre Ehre wiederherzustellen. Bald merken Fatima und Samiullah, dass sie fliehen müssen, um frei zu sein. Sie werden jedoch von der Terrormiliz verfolgt, der auch Rashid angehört, der für lange Zeit nicht erkennt, was richtig und falsch ist. Sami und Fatima sind in Lebensgefahr.
Trotz der teilweise grausamen und schockierenden Thematik gelingt es Abawi, eine sehr berührende Liebesgeschichte zu erzählen, die zeigt, dass echte Liebe keine Grenzen kennt. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass man beim Lesen auch einiges über die afghanische Kultur erfährt und einen Einblick in die Lebensweise erhält. Deswegen empfehle ich dieses Buch auf jeden Fall weiter.
Atia Abawi weiß, wovon sie schreibt: Die Autorin hat selbst afghanische Eltern und berichtete unter anderem aus Kabul fünf Jahre lang als Auslandskorrespondentin für diverse amerikanische Fernsehsender. „Der geheime Himmel“ basiert auf ihren Erfahrungen, die sie dort gesammelt hat.
Atia Abawi: Der geheime Himmel – eine Geschichte aus Afghanistan, dtv Verlag, 2015, 340 Seiten, 14,95 €; empfohlen ab 14 Jahren
Cassandra Fichtner (Q11)
Die zwölfjährige Willow Chance ist ein ganz besonderes Mädchen: Sie ist hochbegabt. Ihre Leidenschaften sind die Zahl 7 und alles, was auch nur im Entferntesten damit zu tun hat: Medizin, insbesondere Hautkrankheiten, und Pflanzen, von denen sie ein breites Spektrum in dem Garten hinter ihrem Haus selbst anpflanzt, von Bambus über Palmen bis zum Gemüsegarten. Jedoch unterscheidet sie sich durch diese für ihr Alter etwas ungewöhnlichen Hobbys ganz entschieden von allen anderen Kindern an ihrer Schule und wird als seltsamer Nerd abgestempelt, was es für sie schwer macht, Freunde zu finden.
Nach einem Schulwechsel hofft sie, endlich ein paar Freundschaften zu schließen. Doch als die Klasse einen Test schreibt, bei dem Willow als Einzige die volle Punktzahl erreicht und ihn obendrein noch vorzeitig abgibt, wird ziemlich schnell vermutet, dass sie geschummelt hat. Und so wird sie zu einem Sozialberater namens Dell Duke geschickt, der sofort von Willows Intellekt fasziniert ist. Dell hat ein Ordnungssystem mit 7 Kategorien: Außenseiter, Chaot, einsamer Wolf, Irrer, Genie, Diktator und Mutant, wobei er die Kategorie Genie extra für Willow geschaffen hat. Das etwas andere Mädchen fühlt sich in Dells Gruppe von „Problemfällen“ sofort wohl und findet sogar in der zwei Jahre älteren Mai ihre erste und einzige Freundin. Für eine Weile scheint alles gut zu laufen in Willows Leben, doch dann kommen ihre Adoptiveltern bei einem Autounfall ums Leben und Willows ganze Welt stürzt ein.
Was dieses Buch zu einem ganz besonderen Exemplar der Literatur macht, ist zweifelsohne die faszinierende Protagonistin, bei der man einfach nicht anders kann, als sofort von ihr hingerissen zu sein und sich in den traurigen Szenen in sie hineinzuversetzen und mit ihr zu fühlen. Es ist wundervoll zu beobachten, wie sie die Menschen in ihrem Umfeld in ihren Bann zieht und sie dazu motiviert, zu einer besseren Version ihrer selbst zu werden. Besonders beeindruckend ist, wie Willow nach dem schweren Schicksalsschlag nie den Mut verliert und trotz ihrer Trauer sie selbst bleibt.
Holly Goldberg Sloan lebte in den Niederlanden, Istanbul, New York City, Washington und Oregon, bevor sie mit 24 Jahren ihr erstes Drehbuch an Paramount verkauft und sich in Kalifornien niedergelassen hatte. Seitdem arbeitet sie als Regisseurin, Filmproduzentin, Drehbuchautorin und Schriftstellerin. Ihr Jugendroman „Glück ist eine Gleichung mit 7“ steht in den USA seit seinem Erscheinen auf der Bestsellerliste.
Holly Goldberg Sloan: Glück ist eine Gleichung mit 7, Carl Hanser Literaturverlag, 2013, 300 Seiten, 16,90 €; empfohlen ab 13 Jahren
Christina Weiß (Q 11)
Eine Studentenstadt, eine Protagonistin auf dem Weg ins Erwachsenwerden und ein rätselhaftes Kind – perfekte Voraussetzungen für einen spannenden Roman, der schon in Richtung Thriller geht! Die 18-jährige Svenja, gerade zuhause ausgezogen, beginnt ihr eigenes Leben in Tübingen in einer alten, heruntergekommenen Wohnung. Die Medizinstudentin genießt nun alle Freiheiten des Erwachsenenlebens und versucht, sich in der „neuen Welt“ zurechtzufinden. Bis sie plötzlich in ihrem Küchenschrank ein Kind findet. Es steht da, einfach so und auf dem Kopf. Als ob das nicht schon wunderlich genug wäre, spricht der Junge auch nicht mit ihr und scheint kein Zuhause zu haben. Svenja nimmt das verwahrloste, dreckige Kind bei sich auf und gibt ihm den Namen Nashville wegen seines T-Shirt-Aufdrucks. Nacht für Nacht verschwindet der rätselhafte Junge, und auch seine akuten Panikattacken sind nicht zu erklären. Als eines Tages eine erstochene Obdachlose in einem Wald gefunden wird, wird Svenja klar, dass sie sich in einer gefährlichen Lage befindet, denn der Mörder hat es anscheinend auf Penner abgesehen und Nashvilles Herkunft ist immer noch nicht geklärt. Wegen ihrer Entscheidung, den Jungen bei sich aufzunehmen, rückt sie sich selbst ins Visier des Täters und muss nun gut auf sich und Nashville aufpassen.
Antonia Michaelis' besonderer und bildlicher Schreibstil und die vielen gut beschriebenen Charaktere geben dem Leser das Gefühl, fast bei der Geschichte dabei zu sein. Das Rätsel um den Mörder wird erst ganz zum Schluss aufgedeckt und man verdächtigt im Laufe des Buches beinahe jede auftauchende Person. Mehreren Szenen im Wald in der Nacht und die Stellen, in denen jemand verfolgt oder beobachtet wird, sind einerseits spannend und fesselnd, andererseits aber auch gruselig. Die zwischendurch doch sehr unwahrscheinlichen Zufälle und die immer wieder schwankende Handlung führen dazu, dass der Leser kurz verwirrt ist.
Zum Schluss werden aber die meisten Unklarheiten aufgedeckt. Auch den zweiten Teil des Doppeltitels: „Das Wolfsspiel“, der am Anfang keine Bedeutung zu haben scheint, kann man erst ganz am Ende verstehen. Der Roman regt sehr stark zum Nachdenken an, da vor allem ein außergewöhnliches Thema angesprochen wird: „Das Leben zwischen den Zeilen“, wie die Autorin das Obdachlos-Sein betitelt. Der Leser erfährt die Geschichten und Hintergründe von Menschen ohne Wohnsitz und beginnt über die Situation dieser Leute nachzudenken. Im Gegensatz dazu steht die „gehobene Gesellschaft“, die Grillpartys in gepflegten Vorgärten feiert und sich im Fechten beweist. Die sozialen Unterschiede werden deutlich und man bemerkt, wie leicht man die „Unterschicht“ vergisst und ausblendet. Alles in allem ist „Nashville oder das Wolfsspiel“ ein hochspannender und tiefgründiger Thriller, dem es nicht an Gefühlen mangelt. Nicht nur für Jugendliche ein absolutes Lesemuss!
Antonia Michaelis: Nashville oder das Wolfsspiel, Oetinger-Verlag, 2013, 480 Seiten, 17,95 €; empfohlen ab 14 Jahren
Rebecca Stüber (Q11)
Diese Frage stellten zwei bewaffnete Taliban-Kämpfer beim Überfall auf einen Schulbus 2012, um gezielt die Waffe gegen dieses Mädchen richten zu können. In ihrem Buch „Ich bin Malala“ will die junge Pakistanerin nun eine Antwort geben und erzählt ihre Geschichte, die, wie sie selbst sagt, zwar ihre Welt verändert hat, aber nicht sie selbst. Malala Yousafzai hatte sich den Taliban widersetzt, die den Mädchen verbieten, zur Schule zu gehen. Sie gab Interviews für pakistanische und internationale Medien, war Sprecherin des Kinderparlaments im Swat (einem Distrikt in der pakistanischen Provinz) und führte obendrein ein vielbeachtetes Blog-Tagebuch über ihren Alltag unter den Islamisten für die BBC. Damit war ihr Todesurteil gefällt. Sie war erst 15 Jahre alt, als sie die Kugel aus nächster Nähe in den Kopf traf. Doch wie durch ein Wunder kam das mutige Mädchen mit dem Leben davon. Malala hört nicht auf, für ihren Traum zu kämpfen, und so hält sie selbst dieser Anschlag nicht davon ab, sich auch weiterhin für die Rechte von Kindern, insbesondere von Mädchen, einzusetzen. Malala, die durch ihren Mut einer ganzen Nation Hoffnung macht, gewährt uns einen Einblick in eine Welt, in der blinder Hass und Fanatismus Menschenleben zerstören und Träume vernichten. Doch auch im Hinblick auf den IS und die Flüchtlingskrise hilft sie uns, diese Menschen, den Unterschied zwischen Moslems und Extremisten, die Gründe für eine Flucht, die aktuelle Lage im Nahen und Mittleren Osten und vieles andere besser zu verstehen. Malala wurde für ihr Engagement und ihren Mut mit dem Friedensnobelpreis 2014 ausgezeichnet.
Malala Yousafzai; Christina Lamb: Ich bin Malala, Knaur TB Verlag, 2014, 432 Seiten, 9,99 €; empfohlen ab 12 Jahren
Elisa Sepp (Q11)
Angenommen, es gäbe kein Google, kein WhatsApp, kein Facebook, kein Apple, Instagram oder Twitter mehr, sondern nur noch ein einziges großes Unternehmen, das Zugriff auf alles hat. Auf alle Suchanfragen, auf alle Schritte, alle Geldgeschäfte, alle Gesundheits- und DNA-Informationen, alle Lebensaspekte, alle Daten von jedem Menschen. Dieser übermächtige Internetkonzern ist der Circle, gelenkt von drei „Weisen“, die das Wissen der Welt sammeln und für jeden zugänglich machen wollen.
Dave Eggers erzählt in seinem Roman die Geschichte von Mae Holland, die durch ihre Freundin Annie zu einem Job beim Circle gekommen ist. Sie startet als junge Support-Mitarbeiterin und wird in kürzester Zeit zu einer der wichtigsten Personen im Circle, da sie „transparent“ wird: Sie hat fast rund um die Uhr eine Kamera um ihren Hals eingeschaltet und lässt so die ganze Welt per Live-Übertragung an ihrem Leben teilhaben. Doch nicht nur Mae, sondern auch alle anderen Menschen sollen keine Privatsphäre und keine Geheimnisse mehr haben. Mae ist überzeugt davon, dass dies nur Vorteile haben kann. Die ganze Welt soll digital revolutioniert werden. „Alle werden getrackt, von der Wiege bis zur Bahre, ohne die Möglichkeit zu entkommen.“ Eine digitale Apokalypse naht.
Der Autor Dave Eggers bringt einen mit seiner Dystopie dazu, einmal ganz anders über den Wert von Privatsphäre, Demokratie und Öffentlichkeit nachzudenken. Liegt die im Circle beschriebene Überwachungsgesellschaft schon in naher Zukunft? [Anmerkung: Eine Dystopie ist eine in der Zukunft spielende Geschichte, die sich ins Negative entwickelt.]
Inhaltlich ist das Buch hochinteressant, jedoch finde ich es von der Umsetzung her wenig gelungen. Nicht nur die Handlung ist recht vorhersehbar, auch die Persönlichkeit der Protagonisten wird etwas vernachlässigt. Man erfährt kaum etwas über deren Eigenarten. Außerdem ist die Hauptperson Mae fast schon zu naiv und erkennt bis ans Ende die Schattenseiten des Circle nicht.
Dennoch ist der Circle ein zumindest von der Idee her schönes, wenn auch beängstigendes und insgesamt durchaus lesenswertes Buch. Die heutigen Technologien werden ein paar Jahrzehnte weitergedacht, dadurch entsteht ein Besorgnis erregendes Zukunftsszenario. Auch jetzt ist es schon schwer, online seine Anonymität zu wahren. Der Circle geht darüber hinaus.
Dave Eggers, 1970 in Boston geboren, zählt zu den bedeutendsten zeitgenössischen Autoren. Sein Roman „Der Circle“ war 2014 auf der Spiegel-Bestsellerliste.
Dave Eggers: Der Circle, Kiepenheuer & Witsch Verlag Taschenbuchausgabe 2015, 560 S., 10,99 €; empfohlen ab 14 Jahren
Cassandra Fichtner (Q11)
Der 17-jährige Franz Huchel wird 1937 von seiner Mutter nach Wien geschickt, um zu arbeiten. Völlig überwältigt von der großen Stadt tritt er seine Lehrstelle bei dem Trafikanten Otto Trsnjek an. Eines Tages kommt der weltberühmte Psychologe Sigmund Freud in die Trafik (so heißt ein Zeitungs- und Schreibwarenhandel in Österreich) und Franz begleitet den älteren Herrn nach Hause. Aus dieser Begegnung entsteht eine außergewöhnliche Freundschaft zwischen den beiden. Freud gibt ihm Rat, wann immer Franz ihn braucht, vor allem für den Umgang mit der Varietétänzerin Anezka, in die er sich Hals über Kopf verliebt. Doch Anezka verschwindet immer wieder und bleibt für Franz unerreichbar. Irgendwann entscheidet er sich, sie zu vergessen, allerdings ist das nicht so leicht. Auf Anweisung des Professors schreibt er seine wirren Träume auf, um Ordnung in sein Leben zu bringen. Währenddessen gewinnt der Nationalsozialismus in Wien immer mehr an Einfluss. Als die Lage sich weiter zuspitzt, muss Freud mit seiner Familie nach London auswandern und Otto Trsnjek wird von der SS verhaftet.
Seethaler beschreibt den Wandel der Stadt Wien unter dem Einfluss Hitlers. Aber auch Franz verändert sich auf Grund der Erfahrungen, die er im Umgang mit den politischen Verhältnissen machen muss. Am Anfang des Buches ist er ein unbedarfter, ein bisschen naiver Junge vom Land. Am Ende dagegen ist er ein mutiger, kluger junger Mann, der sich furchtlos den Nazis stellt und sich um die sorgt, die er liebt.
Robert Seethaler ist Autor, Drehbuchautor und Schauspieler. Er veröffentlichte fünf Romane und für seinen letzten („Ein ganzes Leben“) erhielt er den Grimmelshausen-Preis.
Robert Seethaler: Der Trafikant, Kein & Aber, 2013, 250 Seiten, 11 €; empfohlen ab 16 Jahren
Marie Baumer (Q11)
„Das Gegenteil von Einsamkeit“ ist ein außergewöhnliches Buch voller Storys und Essays der jungen Marina Keegan. Die 22-Jährige, die kurz nach ihrem Abschluss an der Yale University tödlich verunglückt ist, erzählt in ihren Geschichten vom Leben, der Liebe und dem ganzen Rest. Jede erzählt von verschiedenen Studenten und ihren individuellen Schicksalen, vom Unfalltod des Freundes bis hin zu Familienstreitigkeiten.
Auch Keegans wohl bekanntester Aufsatz, die Titelstory „Das Gegenteil von Einsamkeit“, ist ein Teil der Sammlung, die ihre Familie zu ihrem Gedenken zusammengetragen hat. Der Essay stellt ihren Abschied von Yale dar und ist als Rede an ihre Mitschüler geschrieben. In ihm erzählt Marina Keegan vom Leben an ihrer Universität, ihren Hoffnungen und Träumen der Vergangenheit und ihrer Zukunft.
Dieses ganz besondere Buch ist ein fantastisches Werk über die Höhen und Tiefen des Lebens und der Liebe. Auch wenn die Geschichten sehr ernsthaft und gehaltvoll sind, ist trotzdem für jede Generation etwas dabei.
Marina Keegan: Das Gegenteil von Einsamkeit, Fischer Verlag, 2014, 288 Seiten, 18,99 €; empfohlen ab 15 Jahren
Charlotte Polansky (Q11)