Die letzten Schultage
Am ersten Wochenende nach der Faschingszeit und den Ferien habe ich meinen Geburtstag gefeiert. Es war die letzte große Party vor der Ausgangsbeschränkung und dem Kontaktverbot. Nach einer unglaublichen Putz- und Aufräumschicht wartete der Montag auf mich. Das Wochenende hatte mich so sehr mitgenommen, sodass ich sonntagabends wie ein Verrückter meine E-Mails aktualisiert habe und wie wild auf eine „Ab Montag fällt die Schule für zwei Wochen aus, CORONA-TIME!“-Nachricht gewartet habe. Zu meiner Enttäuschung war es dann doch soweit, eine vermeintlich normale Woche nahm ihren Lauf.
Der erste Tag der Woche begann anders als ein normaler Tag. Ein Zettel hing an der Eingangstür des Gymnasiums: Die Mittelstufe sollte, wegen eines Corona-Verdachtsfalles, zuhause bleiben. Das war natürlich erst einmal ein kleiner Schock, doch heimlich hatte ich mich gefreut. Endlich rücken die „Corona-Ferien“ in greifbare Nähe. Abends auf dem Sofa hatte sich die Lage entspannt – dachte ich. Während einer Unterhaltung mit meiner Mutter, bekam ich DIE Mail. Das Rote Kreuz sucht dringend Helfer für Corona-Tests am nächsten Tag. Für mich war es gar keine Frage mich zu melden. „Wenn das Gesundheitsamt schon so überfordert ist, spitzt sich die Lage bestimmt bald zu“, dachte ich mir. Also nahm ich meine Uniform und legte sie schon für den nächsten Tag ins Auto. Die Stiefel habe ich vorsorglich gereinigt und poliert, man muss ja bei den Leuten vom Amt einen guten Eindruck hinterlassen.
Die ersten beiden Stunden verbrachte ich noch im Klassenzimmer bei einer schönen Doppelstunde Deutsch. Den Kaffee zur Zwischenpause konnte ich gut vertragen, ich war die Nacht zuvor sehr nervös und es mangelte mir an Schlaf. Als dann schließlich der Pausengong ertönte, eilte ich zum Auto, zog mir meine Uniform an und düste Richtung Thalhofen. Dort wurden die ersten Kategorie-1-Patienten getestet. Kategorie-1-Patient war der, der direkten Kontakt zu einem positiv getesteten Fall hatte. Die ersten Personen, von denen alles ausging, nannten wir Index-Patienten. Ich fühlte mich wie in einem Film, es war spannend.
Um ehrlich zu sein, war der ganze Rest, der passierte, auch filmreif. Metallkoffer. Der eine mit der Aufschrift „Dokumentation“, der nächste sagte „Desinfektion“ und ein anderer „PSA“. Wobei hier das PSA für „persönliche Schutzausrüstung“ steht. Das waren unter anderem die guten FFP3-Masken, welche man zu diesem Zeitpunkt für viel Geld hätte verkaufen können, Ganzkörperinfektionsschutzanzüge, Schutzbrillen und Handschuhe.
Ich durfte meine Schicht mit einem Kollegen des Roten Kreuzes, einer Verwaltungsfachangestellten, einer Medizinstudentin und einer Ärztin verbringen.
Wir haben uns alle nicht gekannt. Bis auf die Ärztin und die VFA hatte noch niemand so eine Situation erlebt. Wir hatten keine Ahnung. Doch alles in allem war es nicht so schwer, wir konnten uns gegenseitig helfen. So wusste mein Kollege zum Beispiel darüber Bescheid, wie man die PSA vorschriftmäßig an- und auszog. Und ich? Als kleiner Grünschnabel? Ich wusste gar nichts. So etwas gehört einfach nicht ins Alltagsgeschäft beim Roten Kreuz. Ich kann Wunden versorgen, Kotztüten halten und simple Diagnosen stellen. Das habe ich gelernt. Aber sowas?
Meine Schicht war die erste in Thalhofen und dauerte vier Stunden. In dieser Zeit konnten wir 64 Verdachtsfälle testen. Von diesem Zeitpunkt an war mir klar: Es kann nicht mehr lange dauern, dann kommt der Shutdown.
So vergingen noch zwei weitere Tage, welche völlig normal verliefen. Der Schullalltag wurde nicht sonderlich verändert. Manche Lehrer sollen jedoch schon Vorbereitungen, wie z.B. die Einrichtung unserer verlässlichen Onlineplattform „Mebis“, getroffen haben.
Der Freitag war unser Schlüsseltag. Ministerpräsident Söder hatte bereits angekündigt, dass die Entscheidung einer Schulschließung an diesem Morgen gefällt werden sollte. Die Informatiker unserer Schule hatten also kurz vor 9 Uhr (Beginn der Pressekonferenz) den Livestream eingeschaltet und konnten live miterleben, wie die „frohe Botschaft“ verkündet wurde. Ja, frohe Botschaft. Die Schüler haben diese Nachricht mit offenen Armen entgegengenommen. Wer kann es ihnen übelnehmen? Erwartet wurden zwei Wochen schulfrei. Jetzt waren es fünf. Schnell wurde der Entschluss gefasst: Die neu gewonnene Freiheit muss im Klub gefeiert werden. Auch ich war mit von der Partie.
Da der Unterricht nun erst einmal vorbei war, haben ein guter Freund und Bandkollege und ich Musikboxen von der Schule ausgeliehen, weil diese vorerst im Gymnasium nicht gebraucht werden. Schließlich gab es noch eine wunderbare Bandprobe, bevor es abends in den Klub gehen sollte. Ein paar Stunden vor Einlass hatten die Veranstalter allerdings die Nachricht verbreitet, die Party würde abgesagt werden, da man es nicht verantworten könne, so viele Menschen auf einem Haufen zu beherbergen. Das war schrecklich. Mit einem Mal war die Laune im Keller. Keine Fete.
Nichtsdestotrotz nutzten wir als Band den freigewordenen Abend und luden ein paar Mädels in unseren Probenraum ein. Für mich als Fahrer, der danach durch den halben Landkreis fahren durfte, war es trotzdem ein wirklich netter Abend.
Die ganze nächste Woche bestand nur aus Bandproben und kleinen Feten bei uns im Probenraum. Jeder Abend wurde genutzt. Wir konnten es alle einfach nicht glauben plötzlich keine Schule mehr zu haben. Es gab vorerst auch nichts anderes zu tun, als zu feiern. Es waren schließlich fast schon Sommerferien.
Mit dem nächsten Freitag nahm das Unglück seinen Lauf. Wie die Schulschließung eine Woche vorher, gab es eine neue Bekanntmachung unseres Ministerpräsidenten. Eine Ausgangs-beschränkung ab Mitternacht.
So viele Bürger haben sich nicht an die Gebote der Regierung gehalten, sich nicht mehr mit vielen Menschen zu treffen. Alle saßen im Biergarten, auf der Wiese oder sonst wo. Und wir? Wir waren die ganze Zeit im Probenraum. Wir haben nichts besser gemacht. Eigentlich war es vorherzusehen.
Im Endeffekt waren wir froh, dass wir die wirklich freie Zeit noch genutzt haben. „Corona-Ferien“. Das wäre auch nur zu schön gewesen. Von diesem Zeitpunkt an war alles anders. Man durfte niemanden mehr besuchen, keine Unternehmungen mehr machen und erst recht keine Probenraumfeten. Die Lust auf fünf Wochen ohne Schule verging schnell. Wenn man seine Freunde nicht sehen kann, macht alles keinen Spaß mehr.
Dies war die eine Seite der Medaille. Neben der Musik ist es meine Leidenschaft im Katastrophenschutz mitzuwirken: Als Feuerwehrmann und Sanitäter.
Schon Wochen vorher kamen die ersten Hinweise per E-Mail, man solle auf Hygiene achten, sich so oft es geht desinfizieren, damit die Einsatzbereitschaft aufrechterhalten bleibt. Das Rote Kreuz hat den Katastrophenfall ausgerufen. Herr Söder ebenfalls, also gilt dies auch für die Feuerwehr. Alle Übungen wurden abgesagt, mein Gruppenführerlehrgang, auf den ich mich schon seit Jahren freue, meine Weiterbildungen im Roten Kreuz, alles. Jetzt kamen andere Aufgaben auf uns zu. Wöchentlich werden wir über die aktuelle Situation und den Status der Einsatzbereitschaft aufgeklärt. In der Feuerwehr trage ich, was das angeht etwas mehr Verantwortung. Für mich stehen seitdem auf der Tagesordnung: Gerätehaus in Schach halten, Hygieneartikel beschaffen (was sich seit dem Ausruf des Katastrophenfalls als äußerst schwierig herausgestellt hat), und vieles mehr. Außerdem bin ich für die Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich, was mich allerdings erst später ereilen soll.
Also wieder: Alle Uniformen, ab ins Auto.
Nun galt es sich erstmal wieder zu beruhigen. In einer Woche kamen schon um die 20 E-Mails von Lehrern mit Arbeitsaufträgen zusammen. Diese mussten jetzt abgearbeitet werden. Ein Gespräch mit meinem W-Seminar-Leiter stand aus. Ein Lehrer hatte die Idee, in der heutigen Zeit könne man doch den Unterricht über Videokonferenzen halten. Gesagt getan, ein Termin wurde über E-Mails vereinbart und 25 Schüler saßen vor ihrer Webcam. Ich persönlich unterstütze diese Idee sehr. Es funktioniert ausgesprochen gut und der Unterrichtsstoff wurde gut vermittelt.
Jetzt sind es nicht nur die Lehrer, welche auf solche Ideen kommen. Seit Beginn der Ausgangssperre hat jeder Schüler eine neue App auf dem Smartphone: „Houseparty“. Hier können bis zu acht Teilnehmer einem „Room“ beitreten und sich über Mikrofon und Webcam miteinander unterhalten. Eine gute Alternative.
Doch was soll man sonst den Rest des Tages machen? Bei schönem Wetter kümmere ich mich um den Garten, tue Dinge, für die sonst nie Zeit war. Eventuell lese ich auch endlich Faust II, das hatte ich schon länger vor. Da bin ich doch froh um meine Aufgaben im Katastrophen-schutz. Es wird zumindest nicht langweilig.
Um bei Einsätzen, die den Kontakt mit positiven Patienten beinhalten, einigermaßen gut vorbereitet zu sein - nicht so wie ich, bei den ersten Coronatests - ordnete das Rote Kreuz Pflichtbelehrungen zum Thema Schutz vor Viren an. Diese Unterrichtseinheit erweitert unsere jährliche Schulung zur allgemeinen Hygiene.
Meine Kameraden und ich wurden über die aktuelle Lage und die damit gegebenen Probleme aufgeklärt. Im Landkreis Ostallgäu hat sich ein Krisenstab des BRK gebildet. Dieser steht im engen Kontakt mit den Behörden und somit auch mit dem Krisenstab im Landratsamt.
Womit können wir in nächster Zeit rechnen? Pflegekräfte fallen in Krankenhäusern und Altenheimen aus. Die Corona-Patienten benötigen Intensivstationen und vor allem Platz. Also? Die Aufgabe des Roten Kreuzes in diesem Fall: Personal stellen und Zelte aufbauen. Auch im Rettungsdienst kommt es zu Problemen. Sobald ein Notfallsanitäter in Kontakt mit COVID-19-Patienten oder auch nur Verdachtsfällen kommt, darf er selbstverständlich nicht mehr arbeiten und muss in Quarantäne. Doch nicht nur dieser eine Sanitäter, denn auf einem Rettungswagen sitzen mindestens zwei Personen. Wenn dann noch der Notarzt mit seinem Fahrer dazukommt, fallen mehrere Personen mit einem Schlag aus. Dies ist fatal für unser Notfallgesundheitssystem. Darum stellen Ehrenamtliche einen Ersatzrettungs-wagen und stehen jederzeit bereit hauptamtliches Personal zu ersetzen.
Zu meinem anfangs erwähnten Problem, die Beschaffung von Hygieneartikeln, möchte ich nun auch noch einmal kommen. Mittlerweile gab es eine Umfrage des Kreisbrandrats im Ostallgäu, welche Feuerwehren Schutzausstattung benötigen. Dazu zählen Händedesinfektionsmittel, Flächendesinfektionsmittel und Mundschutzmasken. Zusätzlich habe ich noch Handschuhe bestellt, da diese in unserer Wehr Mangelware sind. In den nächsten Tagen sollte unsere Lieferung ankommen.
Ich würde von mir selbst behaupten sehr extrovertiert zu sein. Das schöne Gefühl von Menschen umgeben zu sein und miteinander Emotionen zu teilen - da fehlt mir sogar die Schule. Die Ausgangsbeschränkung in Verbindung mit dem Kontaktverbot nimmt mich mit. Meine Familie und ich bemerken die schlechte Laune durch die fehlenden Freunde, mit denen man sich normalerweise öfter getroffen hätte. Als ich am ersten Samstag nach der Ausgangsbeschränkung durch mein Dorf spazierte, machte ich mir Gedanken um die nahe Zukunft. Noch in jener Woche traf ich jeden Tag meine Freunde und Bandkollegen. Mittlerweile, nach guten drei Wochen, fällt mir die ganze Sache etwas leichter. Glücklicherweise konnte ich meine Mutter – ihr Arbeitgeber hat Kurzarbeit angemeldet – überreden mit mir eine Serie zu sehen. Da sitzen wir nun jeden Tag und lassen uns mit der Brutalität und Spannung in „Game of Thrones“ berieseln. Die Band führt Diskussionen in Videokonferenzen, vergleichbar mit dem Unterricht über die Online-Meeting-Programme oder „Houseparty“. Für uns stehen 15 neue Songs auf der Liste, die wir bis zum nächsten Treffen vorbereiten sollen. Das heißt für mich als Notenschreiber: Arbeit. Aber das ist eine andere Art von Arbeit. Arbeit, die glücklich macht.
Ansonsten geht niemand das Risiko ein, mit Freunden erwischt zu werden. Die Strafen sind sehr hoch und selbst in einem kleinen Dorf wie Wald fahren Polizisten Streife. Die einzige Möglichkeit auf etwas sozialen Kontakt im „echten Leben“ hat man, wenn man Fahrrad fährt oder joggt und dabei – zufällig – jemandem begegnet. Doch diese Unterhaltungen dürfen auch nicht lange dauern und ein Abstand von zwei Metern sollte eingehalten werden. Auch nicht das Wahre, oder?
Jetzt gibt es da natürlich noch eine Möglichkeit: Lebensgefährten dürfen sich weiterhin besuchen. Mein Bruder, der in seinen jungen Jahren mit einer Freundin gesegnet ist, hat das Glück sie besuchen zu können. Ohne ein Auto und einen Führerschein gestaltet sich dies jedoch als etwas schwierig.
Wir erinnern uns an die Buschbrände in Australien und den Konflikt zwischen dem Iran und den USA. 2020 ist ein sehr verrücktes Jahr, wenn man jetzt auch noch die Pandemie bedenkt. Doch nun steht eine wichtige Suche an, nämlich die nach Ostereiern. Müssen wir uns jedoch Sorgen machen, dass unser Nachbar die Polizei ruft, wenn die Familie im Garten nach Ostereiern sucht? Offensichtlich schon, wie die Polizei berichtet. Es gibt ein paar Unbelehrbare, die schon früher immer aus ihren Fenstern sahen und als Hilfssheriff Verbrechen aufdecken wollten. Diese nutzen jede Chance um Mitmenschen bei der Polizei zu melden. Spielende Kinder im Garten? Das können keine Geschwister sein, das muss zur Anzeige gebracht werden.
Ostern steht vor der Tür. Keine Gottesdienste, oder Familienfeste. Mein Onkel kommt jedes Jahr an Ostern vorbei und besucht meine Großeltern. Zusammen verbringen wir so normalerweise das Osterfest. Dieses Event muss diesmal leider ausfallen. Zumindest muss niemand auf ein Festmahl verzichten, da die meisten Restaurants, um ihren Verlust auszugleichen, Lieferdienste oder einen Abholservice anbieten. Selbstverständlich kann man, durch die gewonnene Zeit, auch selbst kochen und seinem Familienkern einen echten Genuss bescheren. Ich gehöre nicht dazu; meine Kochkünste reichen nur zum Überleben.
Mit den verbesserten Infektionszahlen kamen ebenfalls Lockerungen der Maßnahmen zur Eindämmung des Virus einher. Was war das für eine Erleichterung? Endlich konnte man sich wieder mit Freunden treffen. Die Geschäfte durften unter bestimmten Auflagen wieder öffnen.
Jetzt, nach sieben Wochen unterrichtsfreier Zeit müssen die Schüler der elften Klasse wieder die Schule besuchen. Unsere Abiturienten waren bereits zwei Wochen früher an der Reihe. Einigen Stoff gilt es nachzuholen, da manche Lehrer weniger motiviert waren, den Schülern Arbeitsaufträge zukommen zu lassen, als andere. Ich bin sehr gespannt, wie der Rest dieses Schuljahres verlaufen wird. Klausuren werden in unserer Jahrgangsstufe auf jeden Fall nicht mehr geschrieben. Wir beschränken uns auf mündliche Noten und Stegreifaufgaben. Die Schüler der Abschlussklasse beobachtend, bin ich froh, erst nächstes Jahr mein Abitur zu schreiben. Wird das Abitur dieses Jahres überhaupt als legitimer Abschluss angesehen? Wenn man die Bewertung der Prüfung so anpassen will, dass der Gesamtschnitt der letzten Jahre erhalten bleibt – um Chancengleichheit zu gewährleisten – ist es doch selbstverständlich, dass es zu Problemen kommen wird.
Als Band hoffen wir darauf, dieses Jahr noch das ein oder andere Konzert geben zu dürfen. Wir werden voraussichtlich nur auf kleinen Geburtstagen spielen können, da größere Veranstaltungen abgesagt wurden, aber das ist zumindest etwas. Mein Gitarrenspiel hat sich in den letzten Wochen mehr verbessert als in den letzten zwei Jahren. Die Langeweile bringt einen dazu, Dinge zu tun, für die niemals Zeit war. So habe ich ebenfalls mit meiner Mutter zusammen die bekannte Serie „Game of Thrones“ gesehen. Mit ungefähr 70 Stunden Gesamtspielzeit, muss man sich hier einfach die Zeit nehmen.
Es ist verrückt, dass ich in diese Zusammenfassung meiner Erfahrungen in der unterrichtsfreien Zeit bisher mehr Zeit gesteckt habe, als in die Seminararbeit. Natürlich ist das Aufschreiben von persönlichen Gedanken nicht so anstrengend wie das Recherchieren von Fakten. Es war auf jeden Fall eine sinnvolle Idee um die Zeit nochmals Revue passieren zu lassen und sich bewusst zu werden, was man eigentlich gemacht hat. Persönlich hätte ich die ganze Zeit noch besser nutzen können. Es fehlt für mich der persönliche Kontakt zum Lehrer, den ich von mir überzeugen muss. Entweder durch mündliche Beiträge oder in Klausuren. Der Gedanke, dass ich den ganzen Stoff nur für mich lerne, ist bei mir noch nicht angekommen. Die meisten Dinge, die ich bisher gelernt habe, werde ich nicht mehr brauchen. Trotzdem bin ich froh, so manches zu wissen.
In meiner späteren Berufsvorstellung hat sich auch viel getan. Anfangs wollte ich mit einem Physikstudium Brandrat eines Landkreises werden. Diesem Wunsch folgten Geschichtslehrer und Englischlehrer. Mittlerweile bin ich wieder auf ein altes Hobby von mir gestoßen, die Informatik. Eigentlich hätte ich während der Osterferien einen Ferienjob bei einem lokalen Unternehmen antreten sollen. Da dieses allerdings, wie so viele andere zuvor, Kurzarbeit angemeldet hatte, war dies nicht mehr möglich. In den Pfingstferien wird es dann soweit sein, ich kann ein wenig Geld verdienen. Der Abteilungsleiter kennt mich sehr gut und schätzt mein Interesse für die Informatik sehr. In einem Telefonat erklärte er mir, dass das mit dem Ferienjob zu Ostern leider nichts wird. Im selben Atemzug bot er mir einen dualen Studienplatz als Wirtschaftsinformatiker an. So ein Angebot darf ich mir nicht entgehen lassen. Es werden zwar anstrengende und qualvolle viereinhalb Jahre, aber es lohnt sich.
Ohne einen nennenswerten Einsatz des Katastrophenschutzes im Ostallgäu, kehre ich allmählich wieder in den Alltag zurück.
Sehen wir mal, was die Zukunft für uns alle bereithält. Die Schulen werden sowieso geschlossen, sollte sich das Virus wieder ausbreiten. Ich freue mich jedenfalls darauf, meine Freunde wiederzusehen. Und den Friseur.